
Der russische Staatskonzern Gazprom stoppt ab Mittwoch alle Gaslieferungen nach Bulgarien. Das bulgarische Gasunternehmen Bulgargas sei am Dienstag darüber informiert worden, dass Gazprom die Erdgaslieferungen ab dem 27. April aussetzen werde, teilte das Wirtschaftsministerium in Sofia mit. Russland wird alle zudem auch Erdgaslieferungen an Polen einstellen. Ab Mittwoch sollen keine Lieferungen an Polen mehr erfolgen, teilte der polnische Erdgaskonzern PGNiG in Warschau mit. Man sei durch den russischen Erdgaskonzern Gazprom informiert worden. Polen will Erdgas nicht wie von Russland gefordert in Rubel bezahlen. PGNiG sieht in der Entscheidung einen Bruch bestehender Verträge. Man wolle Schadenersatz wegen Vertragsbruch fordern.
Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki sagte in Berlin nach einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz: „Wir haben Drohungen von Gazprom erhalten, die Gaslieferungen einzustellen.“ Vielleicht versuche Russland, Polen auf diese Weise zu erpressen. Polen habe sich aber sich im Vorfeld auf die Diversifizierung der Gasversorgung vorbereitet. Die Wirtschaft sei nicht gefährdet.
Ein Ölembargo gegen Russland ist aus Sicht von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck „handhabbar“ geworden. Deutschland sei „einer Unabhängigkeit von russischen Ölimporten sehr, sehr nahe gekommen“, sagte Habeck in Warschau nach Gesprächen mit der polnischen Klimaministerin Anna Moskwa. Es sei gelungen, die Abhängigkeit von 35 Prozent vor Beginn des Ukraine-Krieges innerhalb von acht Wochen auf 12 Prozent zu senken. Nach Habecks Worten handelt es sich bei den verbleibenden 12 Prozent um Ölimporte der Raffinerie im brandenburgischen Schwedt nahe der polnischen Grenze. Das Geschäftsmodell des Staatskonzerns sei es, russisches Öl zu kaufen. Wenn man dieses Öl nicht mehr haben wolle, brauche man für Schwedt eine Alternative. Diese Alternative zu entwickeln, sei die Aufgabe der kommenden Tage.
Die Europäische Union beabsichtigt nach Angaben von EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni ihre Abhängigkeit von russischem Öl und Gas bis Ende des Jahres um zwei Drittel zu senken und bis Ende 2027 auf null. Gentiloni kündigt in einem Interview der Zeitung „Il Messaggero“ zudem an, dass die EU ihre Erwartungen für das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr senken werde. Es sei aber zu früh, um zu sagen, ob die Verlangsamung zu einer Stagnation führen werde.
Niederlande bestätigen geplante Lieferung von Panzerhaubitzen
Die Niederlande haben die geplante Lieferung von Panzerhaubitzen an die Ukraine bestätigt. Es werde „eine begrenzte Anzahl“ der Panzerhaubitze 2.000 an Kiew geschickt, erklärte die Regierung. Die Haubitzen stellen laut dem Verteidigungsministerium die „schwerste Artillerie der niederländischen Armee“ dar. Deutschland wird seinerseits die Ausbildung ukrainischer Soldaten im Umgang mit den Haubitzen übernehmen.
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat den Nato-Partnern die Bereitstellung schwerer Waffen aus Deutschland für die Ukraine zugesagt. Die Bundesregierung gebe grünes Licht für die Lieferung gebrauchter Flugabwehrpanzer des Typs Gepard an die Ukraine, sagte Lambrecht am Dienstag bei einem internationalen Verteidigungsminister-Treffen auf der US-Basis Ramstein in Rheinland-Pfalz laut vorab verbreitetem Redetext.
Lambrecht verwahrte sich bei dem von den USA anberaumten Treffen gegen den Vorwurf, dass Deutschland zu wenig Unterstützung für die Ukraine leiste. „Es hat in diesem Zusammenhang in den vergangenen Wochen auch Kritik an Deutschland gegeben“, sagte sie. „Die Zahlen sprechen aber eine andere Sprache.“ Ihr sei es „wichtig, dass wir hier weiter geschlossen zusammenstehen und uns nicht auseinandertreiben lassen“. Deutschland habe „in einem ersten Schritt“ aus Beständen der Bundeswehr „in großen Umfang Waffen und Ausrüstung an die Ukraine geliefert, etwa Panzerfäuste und Flugabwehrraketen“.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat bei einem Treffen mit UN-Generalsekretär António Guterres mit Nachdruck vor Waffenlieferungen an die Ukraine gewarnt. „Wenn das so weitergeht, werden die Verhandlungen wohl kaum ein Ergebnis bringen“, sagte Lawrow nach den Gesprächen mit dem UN-Chef in Moskau. Zwar betonte Lawrow, dass Russland weiter bereit zu Verhandlungen für ein Ende der Kampfhandlungen in der Ukraine sei. Aber er sehe kein echtes Interesse in Kiew. Zur Frage eines möglichen Einsatzes von Vermittlern in dem Konflikt zwischen der Ukraine und Russland sagte Lawrow: „Dafür ist es zu früh.“ Das US-Verteidigungsministerium hat den russischen Außenminister Sergej Lawrow für dessen Äußerungen über die Gefahr eines möglichen Atomkriegs kritisiert. „Ein Nuklearkrieg kann nicht gewonnen werden und sollte nicht ausgefochten werden“, erklärte Pentagonsprecher John Kirby in einem Interview des Nachrichtensenders CNN im US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz, wohin er mit Verteidigungsminister Lloyd Austin angereist war. Lawrows Worte seien nicht konstruktiv gewesen. „Diese Art von Rhetorik ist bestimmt nicht angezeigt im aktuellen Szenario. Was angezeigt wäre, ist, dass Herr Putin diesen Krieg beendet“, mahnte Kirby.
Russland spricht von voller Kontrolle über das Gebiet Cherson
Das russische Militär hat nach eigenen Angaben die Kontrolle über große Teile der Ost- und Südukraine erlangt. „Die russische Armee hat das gesamte Gebiet Cherson, Teile der Gebiete Charkiw, Saporischja, Mykolajiw sowie bedeutende Teile der Donezker und Luhansker Volksrepublik unter ihre Kontrolle genommen“, erklärte Generaloberst Michail Misinzew vom russischen Verteidigungsministerium. Über die vollständige Kontrolle des Gebiets Cherson gibt es widersprüchliche Angaben. Am Morgen hatte der ukrainische Militärchef der Region, Oleksandr Wilkul, noch erklärt, die Verteidigungslinie befinde sich innerhalb des Gebiets Cherson und russischen Kräften sei es nicht gelungen, diese zu durchbrechen. Von unabhängiger Seite konnten die Berichte nicht überprüft werden. Russische Truppen haben nach Angaben des britischen Verteidigungsministeriums die Kleinstadt Kreminna in der ostukrainischen Region Luhansk erobert. „Die Stadt Kreminna ist Berichten zufolge gefallen und schwere Kämpfe werden südlich von Isjum gemeldet, während russische Truppen versuchen, auf die Städte Slowjansk und Kramatorsk von Norden und Osten vorzustoßen“, teilte das Verteidigungsministerium in London am Dienstag mit. Details über den Kampf um die 20.000-Einwohner-Stadt Kreminna wurden nicht bekannt. Die ukrainische Regierung äußerte sich zunächst nicht dazu.
An der Südwestflanke der Ukraine spitzt sich die Lage durch Anschläge in der moldauischen Separatistenregion Transnistrien zu. Lokalbehörden meldeten mehrere Zwischenfälle: Explosionen sollen das Hauptquartier der Staatssicherheit erschüttert und zwei Sendemasten beschädigt haben. Auch eine Militäreinheit sei angegriffen worden. Transnistrien wird von prorussischen Separatisten kontrolliert. Der Landstreifen grenzt an die Ukraine. Die Ukraine und Russland warfen einander vor, mit solchen Provokationen den Krieg ausweiten zu wollen. Die Offensive der russischen Streitkräfte im ukrainischen Donbass ist nach Einschätzung eines britischen Regierungsmitglieds überstürzt und erleidet deshalb hohe Verluste. Der Parlamentarische Staatssekretär für die Streitkräfte, James Heappey, sagte am Dienstag im Fernsehsender Sky News, die russische Militärführung sei unter Zeitdruck und treffe deshalb „schlechte“ militärische Entscheidungen. Grund sei der Wunsch von Präsident Wladimir Putin, am 9. Mai – dem Nationalfeiertag zum Sieg über NS-Deutschland im Zweiten Weltkrieg – einen Erfolg vorweisen zu können.
Der Versuch der USA, aus der Ukraine einen Gegenpol zu Russland zu erschaffen, führt nach Ansicht der russischen Führung am Ende zur Aufspaltung der Ukraine. „Das Ergebnis der Politik des Westens und des von ihm kontrollierten Kiewer Regimes kann nur zum Zerfall der Ukraine in mehrere Staaten führen“, sagte der russische Sicherheitsratschef Nikolai Patruschew der staatlichen Tageszeitung „Rossiskaja Gaseta“.
Quelle: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ukraine-russland-konflikt-blog-100.html