Aber mir fehlt immer noch die Disziplin, das Arbeitenkönnen und Arbeitenmüssen,
nach dem ich mich seit Jahren sehne.
Fehlt mir die Kraft? Ist mein Wille krank?
Ist es der Traum in mir, der alles Handeln hemmt?
Tage gehen hin, und manchmal höre ich das Leben gehen.
Und noch ist nichts geschehen, noch ist nichts Wirkliches um mich;
und ich teile mich immer wieder und fließe auseinander, –
und möchte doch so gern in einem Bette gehn und groß werden.
Denn, nicht wahr, Lou, es soll so sein: wir sollen wie ein Strom sein und nicht in Kanäle treten und Wasser zu den Weiden führen?
Nicht wahr, wir sollen uns zusammenhalten und rauschen? Vielleicht dürfen wir, wenn wir sehr alt werden, einmal, ganz zum Schluß, nachgeben,
uns ausbreiten und in einem Delta münden . . .

Rainer Maria Rilke