Muss man Hermann Hesse in der Pubertät gelesen haben, um seinem Zauber zu erliegen? War man nur in der Zeit des Übergangs für seinen Tonfall und sein Lebensthema, das Leben als permanenter Kampf um den Weg zu sich selbst, empfänglich?
Lieb Hesse-Fan, magst ruhig sein. Dein Jugendbegleiter liest sich heute äußerst modern. Keine Gefühlsduselei, keine nostalgisch ausschweifendes Psychogelaber, sondern eine völlig plausible Beschreibung dessen, dass ein Mensch, der die weite Welt gesehen hat, weil er früh aus dem Nest einer schwäbischen Kleinstadt gefallen ist, dort nie wieder Fuß fassen kann. Weil Mobilität durch fremde Länder nicht ins innere Elend führt, sondern zu sich selbst…
Das zeigt den Weg zum eigenen Ich, den kaum jemand so schön gefeiert hat wie Hesse in seinem Gedicht: “Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten/An keinem wie an einer Heimat hängen/Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen/Er will uns Stuf um Stufe heben, weiten.”

Nikolaus von Festenberg
http://www.spiegel.de/kultur/tv/0,1518,830861,00.html