09august029

Schon sind die längsten Tage voll Duft und Glanz verglüht,
Schon am bestaubten Hage die Rosen abgeblüht,
Auch dieses Sommers Wonnen, im Flug gekostet kaum,
Verschwunden und zerronnen, vorüber, wie ein Traum!

Ein Heer von Rosen blühte, nicht Eine ward gepflückt,
Der längste Tag verglühte, kaum hab ich ihn erblickt;
Das Lied der Nachtigallen, kaum hab ich ihm gelauscht,
Mit seinen Wonnen allen ist bald das Jahr verrauscht.

In meinen Kinderzeiten wie endlos war ein Jahr,
Wo neue Seligkeiten ein jeder Tag gebar!
Wie in der Rose Grunde die Biene sich vergräbt,
So hab ich jede Stunde durchkostet und durchlebt.

Nun aber fliehn wie Schatten in trübem Einerlei
Die Jahre mir am matten, am satten Geist vorbei;
Die Klage tönt vergebens, nur schneller ohne Ruh
Drängt sich der Strom des Lebens dem letzten Sturze zu.

Wohlan, mein Strom, so stürze dich mutig in dein Grab,
Wohlan, mein Gott, so stürze der Rage Rest mir ab,
Verklungen und gewesen ist dann so Lust, als Leid,
Und, von der Zeit genesen, atm‘ ich die Ewigkeit.
Karl Gerok