Samba, Kinderchirurgie, Chefarzt Dr. med. Gfrörer, Helios Klinikum Berlin-Buch

Nach 77 Operationen kann Samba aus dem Senegal wieder lachen

Die Expert:innen im Helios Klinikum Berlin-Buch retteten Samba in insgesamt 77 Operationen das Leben. Heute, zehn Jahre später, ist er eine gewachsene Persönlichkeit mit bemerkenswertem Charakter – und einer guten Lebensprognose. Die bewegende Geschichte der Heilung des damals dreijährigen Samba findet nun, pünktlich zu Weihnachten, endlich ihren glücklichen Abschluss.

Sambas Geschichte im Helios Klinikum Berlin-Buch beginnt am 23.12.2013 – also vor fast genau 10 Jahren kurz vor Heiligabend. Sein Schicksal hingegen hatte seinen Lauf schon früher genommen. Denn mit drei Jahren trank Samba in seinem Heimatland Senegal versehentlich Natronlauge und verätzte sich die Speiseröhre. Der kleine Junge konnte nicht mehr schlucken und wäre mit kaum mehr als vier Kilogramm Körpergewicht beinahe verhungert. Bei einem ihrer vielen beruflichen Aufenthalte in dem westafrikanischen Land wurde Stewardess Cynthia Clottey auf Samba aufmerksam. Die Berlinerin war angesichts seines Anblicks alarmiert. Kurz entschlossen machte sie ein Foto des Jungen und kontaktierte mit diesem mehrere deutsche Krankenhäuser. „Vom Helios Klinikum in Berlin-Buch bekamen wir umgehend eine positive Antwort, einen Tag vor Heiligabend. Sie wollten sich Sambas annehmen. Tatkräftige Unterstützung sicherte uns auch die Stiftung ‚Ein Herz für Kinder‘ zu”, erinnert sich Clottey an Sambas und ihr persönliches Weihnachtswunder.

Berlin wird zum zweiten Zuhause

Doch um reisefähig zu sein, musste Samba vor Ort erst zu Kräften gebracht werden. Anschließend begann für den kleinen Jungen ein Lebensabschnitt, der wohl zu seinen prägendsten zählen wird. Bis zum Sommer 2023 wurde er 77 Mal operiert. „Dabei wurden anfangs die völlig vernarbte Speiseröhre erweitert und Narben glattgezogen. Im Mai 2014 durfte Samba erstmalig wieder ein Wassereis genießen – welch eine Freude für ihn”, erinnert sich sein Berliner Rettungsengel. Clottey, die mit Freunden viel Geld sammelte und dadurch 2003 im Westen Senegals ihr Herzensprojekt, den Bau des Kinderkrankenhauses SAGE Hospital, umsetzen konnte, war es auch, die Samba bei sich zuhause aufnahm, während er in Berlin untersucht, behandelt und operiert wurde. Die ersten drei Jahre der Behandlung verbrachte er sogar komplett in Deutschland. Er lernte schnell die deutsche Sprache und sagt heute, er habe drei Familien: seine eigene in Afrika, Cynthia und das Team des Helios Klinikums.

Eingriffe mit hohem Risiko

Sambas Behandlung zeigt aber auch, wie stark sich die Medizintechnik in den vergangenen zehn Jahren entwickelt hat und welche Möglichkeiten der Behandlung sie heute gewährt. Dennoch bestand für Samba immer wieder ein Restrisiko, nicht zuletzt wegen der Vielzahl an Narkosen. „Wäre er im Senegal geblieben, hätte er kaum eine Chance auf ein normales Leben gehabt. Er hatte dort vor Ort eine künstliche Magenöffnung bekommen, über die er ernährt wurde. Damit kann Flüssigkeit, passierte und pürierte Kost in den Magen hineingegeben werden. Das Problem war, dass sich die Speiseröhre weiter verengte, so dass der Speichel im schlimmsten Fall nicht mehr hätte ablaufen und er daran hätte ersticken können“, erklärt Sambas behandelnder Arzt Priv.-Doz. Dr. med. Stefan Gfrörer, Chefarzt der Kinderchirurgie im Helios Klinikum Berlin-Buch. Er übernahm die Behandlung des tapferen kleinen Patienten 2020 von seinem Kollegen Prof. Dr. Dr. med. Klaus Schaarschmidt und widmet sich gemeinsam mit einem engagierten Team seither erfolgreich seiner Genesung.

„Ein Teil des Narbengewebes entwickelte immer wieder eine Speiseröhrenverengung, welche in Narkose aufgedehnt werden musste. Wir fanden heraus, dass aufsteigende saure Flüssigkeit aus dem Magen die wiederholten Verengungen der Speiseröhre unterhielt. Daher musste ein weiterer Eingriff geplant werden”

, erläutert der Chirurg.
Vor allem die 75. Operation, eine sogenannte Antirefluxoperation am Magen (Fundoplikatio), machte Samba besonders große Angst. „Ohne sie wäre seine Lebensprognose aber deutlich kürzer ausgefallen“, so Dr. Gfrörer. Die ständig in die Speiseröhre zurücklaufende Magensäure hätte immer wieder zu Verengungen und möglicherweise auch zu begleitenden Entzündungen der benachbarten Atemwege geführt. Im August 2022 dann die Gewissheit: Die Operation war so erfolgreich verlaufen, dass keine weiteren Dehnungsmaßnahmen an der Speiseröhre durchgeführt werden mussten. „Seither sind bei Samba nur noch beobachtende Untersuchungen in größeren Abständen notwendig”, zeigt sich Dr. Gfrörer mit der Entwicklung hochzufrieden.

Lebenseinschränkende Verletzungen durch laugenhaltige Stoffe oder Reinigungsmittel wie jene von Samba sind mittlerweile glücklicherweise eine Rarität. Dank Spezialverschlüssen wird insbesondere Kindern der Zugang zu den gefährlichen Flüssigkeiten deutlich erschwert und schützt sie vor gesundheitlichen Schäden. Schäden, die Samba in Form von Nachuntersuchungen zwar auch in Zukunft prägen, die ihn dank der Expert:innen des Helios Klinikums Berlin-Buch aber nicht mehr unmittelbar einschränken werden.

Samba ist mittlerweile eine gewachsene Persönlichkeit

Heute, nach 77 Operationen, kann Samba nun also wieder schlucken, schmecken, schmerzfrei Nahrung zu sich nehmen – und endlich wieder lachen. Seit er sieben Jahre alt ist, pendelt er für anstehende Behandlungen nun schon zwischen dem Senegal und Deutschland. Seinen Platz hat er in beiden Welten gefunden. Dass dies mehr als beachtlich ist, zeigt die bittere Realität: Der Alltag im Senegal ist mit Deutschland nicht vergleichbar. Fast die Hälfte der Menschen im westafrikanischen Land lebt in Armut, ebenso viele sind Analphabeten. „Natürlich gab es Überlegungen, ihn in Deutschland zu lassen. Aber seine Wurzeln sind im Westen Afrikas – und dort fühlt er sich wohl, dort liegt seine Identität”, sagt Cynthia Clottey.

Der Kontakt nach Deutschland hat aber nicht nur seiner Gesundheit, sondern dank des Besuches der Berliner Europaschule auch seiner Persönlichkeit gutgetan. „Samba ist sehr reif für sein Alter, geht auch unbequeme Wege. So engagiert er sich beispielsweise unter Gleichaltrigen für die Gleichberechtigung der Mädchen, hält sogar Vorträge zum Thema Menstruation. Das ist mutig”, lobt Clottey ihren Schützling.