Du schöner Frühling, o, wie lieb’ ich dich!
Mehr als der Bräutigam die holde Braut;
Er weiss, sie wird ihm einstens angetraut,
Doch ich muss lieben dich mit Furcht und Beben,
Kaum da, fliehst du mit Windesschnelle mich
Und nimmst mir mit, das kaum erweckte Leben –
Du schöner Frühling, o, wie lieb’ ich dich!

Du schöner Frühling, sei, o sei mir hold!
Spiel’ um die Stirne mir mit süssem Hauch,
Und küsse mir den Tau vom müden Aug’!
Im Winter wächst die Qual bedrängter Herzen,
Des Lebens Schatten steh’n in seinem Sold;
Du kommst, ein Lächeln – es entflieh’n die Schmerzen,
Du schöner Frühling, sei, o sei mir hold!

Du schöner Frühling, meiner Seele Lust!
Mein schauernd Herz will ewig dir sich weih’n,
Es blieb dies Herz stets einsam und allein.
Nie mocht’ ein Menschenauge mich beglücken
So tief in Lieb’ und seligem Entzücken,
Als ich in deines Himmels Bläue seh’!

O, nimmer täuschest du! du kehrest wieder
Und neue Schönheit, neu erwachte Lieder
Verscheuchen jedes Leid und jedes Weh!
Zum Himmel wirst du immer neu mich heben,
In ew’ger Jugend werd’ ich mit dir leben,
Verblich der Locke Braun auch längst in Schnee!
Du schöner Frühling, ewig lieb’ ich dich!

Luise Büchner