Nur Einer ist, ein Wachender, ein Reifer,
ein großer Für-Sich-Redender im Stein;
unendlich hart und herrisch als Ergreifer
und so wie Osterglocken rein im Eifer
und selig schwingend im Ergriffensein.

Er dauerte in täglichem Verzichte
auf seine Zeit zu einem Alter hin;
ein großer Bart geht aus aus seinem Kinn
und fließt jetzt langsam hin in weißem Lichte
und ist der Strom der inneren Gesichte
und ganz erfüllt von seinem Anbeginn.

Wann aber wirst Du, großer Geigenbauer,
noch eine Geige bilden so wie ihn,
und ihre Dunkel mit dem Regenschauer
seliger Saiten überziehn ?

Es tönen Viele. Tönen im Gewirre
und werfen ihre Worte in den Wind;
doch sie frohlocken und sie klagen irre
und reifen nicht, weil sie nicht einsam sind.

Und so sind alle Kundigen der Künste:
Verlorene in Lärm und Lust der Zeit.
Und ihre Dinge sind verdünnte Brünste
und dauern traurig eine Eitelkeit.
Sie sind von großer Hoffahrt angefaßte
und darum taumeln sie von Tand zu Tand,
und können weder Hände sein noch Taste
und schwanken nur…
Du aber bist die Hand.
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Du bist die Hand, die in die Geigenböden
versenkt das heimliche Geräusch der Welt.
Die stille Hand, die alle Dinge hält,
und die in Ängsten und in großen Öden
Einsame wie ein Engel überfällt.

Du bist die Hand, die mit den neuen Zweigen
aus ihren Ästen geht, den Wind hinauf,
Du bist die Hand, aus der die Stürme steigen
und fühlst die Mädchen an wie grüne Feigen
und deckst den Reifen ihre Röte auf.

Du bist die Hand, die aus dem Abgrund reicht,
und in den Nächten greifst Du nach den Schwachen,
die Dich erwarten weil sie lange wachen,
und hebst sie auf und fühlst sie an wie Sachen
und formst sie und vollendest sie vielleicht…)

Rainer Maria Rilke