Die 13 isländischen Weihnachtsgesellen

Von Richard Chapman

In der modernen Kultur steigen die 13 Weihnachtsgesellen zu Beginn der Weihnachtszeit von den Bergen herab, um an den Festen im ganzen Land teilzunehmen, mit den Kindern zu spielen und die Feiernden zu unterhalten. So wird Weihnachten in Island noch schöner! Dies ist jedoch eine familienfreundlichere Version der alten isländischen Folklore, aus der die Weihnachtsgesellen hervorgegangen sind.

Obwohl sie den Kannibalismus nicht von ihrer Mutter geerbt haben, waren die isländischen Weihnachtstrolle wegen ihres gruseligen und abstoßenden Verhaltens bei Kindern dennoch sehr gefürchtet. Sogar die Erwachsenen in Island glaubten vor der Industrialisierung weitgehend an Trolle, sodass viele skeptisch waren, ob an den Geschichten über die Weihnachtstrolle nicht doch etwas Wahres dran sein könnte.

Jeder Weihnachtsgeselle hatte seine eigenen Macken, aber alle wiesen die gleichen Merkmale von Trollen auf. Sie waren riesige, dreckige, unintelligente Kreaturen, humanoid und bestialisch gleichzeitig, die nur in den Stunden der Nacht agieren konnten, weil die Sonne sie in Stein verwandelte.

Stekkjastaur (Pferchposten)

Der erste der Weihnachtsgesellen, der die Berge verließ, um in ganz Island Unruhe zu stiften, war Stekkjastaur, der „Pferchposten“. Sein Modus Operandi vom 12. Dezember bis zum 26. Dezember bestand darin, alle Schafe, denen er begegnete, zu schikanieren.

Die Isländer halten ihre Schafe in den Wintermonaten normalerweise unter der Erde, und wenn ihr gequältes Blöken bis ins Haus hallte, war das ein Zeichen dafür, dass Stekkjastaur sie gefunden hatte. Ein solches Geräusch war zwar in den Wintermonaten üblich, da die Herde regelmäßig von Stürmen heimgesucht wurde, aber in Anbetracht der Tatsache, dass Schafe das Lebenselixier eines jeden Bauernhofs waren, wirkte es äußerst bedrohlich. Stekkjastaur war zwar ein furchterregender Troll, aber wie viele seiner Brüder durch eine Missbildung eingeschränkt. Seine steifen Beine beeinträchtigten seine Bewegungsfähigkeit. Wenn du also hörst, wie er deine Tiere aufhetzt, wartest du am besten ab; er wird schon bald zu deinem Nachbarn weiterziehen, um bis zum Sonnenaufgang so viele isländische Häuser wie möglich zu terrorisieren.

Giljagaur (Schluchtenkobold)

Giljagaur, oder „Schluchtenkobold“, war der zweite isländische Weihnachtsgeselle, der die menschlichen Siedlungen erreichte. Er versteckte sich in den Gullys rund um die Häuser und wartete, bis die Bewohner schliefen, um dann in den Kuhstall einzubrechen und die Milch zu stehlen. Auf diese Weise raubte er den Familien die wichtigste Zutat für die Soßen, die in der Weihnachtszeit genossen werden sollten (ganz zu schweigen vom traditionellen Skyr). Zwar besaßen nur die wohlhabenderen Isländer Kühe, doch die meisten ärmeren Menschen lebten auf den Höfen der Reichen, sodass alle von den Machenschaften des Trolls betroffen waren.

Stufur (Knirps)

Der dritte Weihnachtsgeselle, Stufur oder „Knirps“, wurde zu Weihnachten in ganz Island zum Ärgernis, weil er die Haushaltspfannen wegen der leckeren Kruste stahl, die darin übrig blieb. Vom 14. bis zum 26. Dezember war sein Appetit unersättlich. Dies sieht vielleicht nicht wie ein schreckliches Verbrechen aus, doch Töpfe und Pfannen waren in Island historisch gesehen unglaublich wertvoll. Das Land hatte keine eigenen Eisenvorräte oder Bergbauindustrie, und solche Waren mussten importiert werden und waren sehr teuer. Für einige verarmte Familien waren sie die einzigen Besitztümer, die etwas wert waren.

Thvorusleikir (Kochlöffellecker)

Thvorusleikir, der 4. Weihnachtsgeselle, ist im Deutschen als „Kochlöffellecker“ bekannt. Dieser Weihnachtstroll begab sich jedes Jahr am 15. Dezember auf seine landesweite Tour des Unfugs, um in die Häuser der Isländer einzubrechen und die Löffel der Haushalte abzulecken, in der Hoffnung auf einen Happen zu essen. Thvorusleikirs Verhalten war eine Folge seiner seltsamen Missgestalt. Er war grotesk dünn, weil er unterernährt war, was ungewöhnlich für Trolle ist, die meistens als übergewichtige und muskulöse Bestien dargestellt werden. Die Lektion, die man aus dem Verhalten des Löffelleckers ziehen kann, ist weniger offensichtlich als bei vielen anderen Weihnachtsgesellen; vielleicht ging es einfach nur darum, dass die Kinder ihr Besteck abwaschen sollten.

Pottaskefill (Topfschaber)

Pottaskefill, im Deutschen als „Topfschaber“ bekannt, ist wie viele seiner Brüder sehr gefräßig. Er bricht in ein Haus nach dem anderen ein und sucht nach Töpfen mit Soße, Bratenstücken, die auf dem Tablett liegen geblieben sind, und Gemüseresten der Saison, um alles, was übrig ist, zu verspeisen. Pottaskefill wurde zweifellos geschaffen, um Kinder zu ermutigen, ihre Mahlzeiten aufzuessen. Essensreste könnten ihn zum Schnüffeln an die Tür bringen. Da die Lebensmittel für die langen Wintermonate haltbar gemacht werden sollten, war jede Verschwendung verpönt. Denn niemand traute sich in dieser Jahreszeit zum Fischen auf die stürmische See oder wollte ein Tier schlachten, mit dem er im Sommer seinen Lebensunterhalt bestreiten konnte.

Askasleikir (Essnapflecker)

Der Pferchposten stiehlt Milch, der Knirps knabbert an der Kruste von Pfannen, der Topfschaber verschlingt Essensreste und der magere Kochlöffellecker tut genau das, was sein Name vermuten lässt. Auch der 6. Bruder, Askasleikir, war auf der Jagd nach einem kleinen Leckerbissen, aber seine Streiche sind wohl die gruseligsten bis jetzt. Askasleikirs Name lautet auf Deutsch „Essnapflecker“. Er ist dafür bekannt, dass er die Reste aus Schüsseln oder besser gesagt aus einer „askur“, einer isländischen, geschnitzten Schüssel mit Deckel, schlürft. Doch die Art und Weise, wie er das tut, ist ziemlich alptraumhaft. Jede Nacht legt sich Askasleikir buchstäblich unter das Bett der Kinder und wartet darauf, dass sie ihre Nachtsuppe oder ihren Pudding aufessen. Wenn sie satt sind, schnappt er sich den Rest des Mahls, um es selbst zu verschlingen. Vielleicht wurde er erschaffen, um Kinder dazu zu bringen, auf Aufforderung einzuschlafen oder sich keinen Mitternachtssnack zu gönnen, denn er ist der Inbegriff des Monsters unter dem Bett.

Hurdaskellir (Türzuschläger)

Hurdaskellir hat eine Vorgehensweise, die aus alten Gruselgeschichten bekannt ist. Im Deutschen heißt er „Türzuschläger“, und wenn dieser Weihnachtsgeselle seine 13-tägige Reise über die Feiertage antritt, widmet er sich ausschließlich der Tätigkeit, die sein Name vermuten lässt. Bis zum Ende des Monats schleicht er sich von Haus zu Haus, vom äußersten Ende der Westfjorde bis ins geschäftige Zentrum von Reykjavík, um einzubrechen und so viele Türen wie möglich zuzuschlagen und die Schlafenden zu wecken.

Angesichts der starken Winde im isländischen Winter und der notdürftigen Bauweise vieler Torfhäuser in Island wurde so manches Kind in der Weihnachtszeit in Angst und Schrecken versetzt, weil es glaubte, Hurðaskellir würde seine Runden durchs Haus drehen.

Skyrgamur (Quark-Gierschlund)

Die Mahlzeiten in der Vorweihnachtszeit gehören zweifellos zu den besten des Jahres. Man kann sich mit perfekt gegartem Geflügel, Nussbraten, Hackfleischpasteten, Lebkuchenmännern, Zimtrollen und allen möglichen anderen Leckereien verwöhnen. In dieser Saison verdient in Island jedoch ein Gericht eine ganz besondere Erwähnung: der köstliche und cremige Skyr. Dieses gesunde, schmackhafte, traditionelle Milchprodukt kann zu Recht als eine der wahren Delikatessen Islands bezeichnet werden, vor allem wenn man es mit Gerichten wie „hakarl“ (fermentierter Hai) und „hrutspungar“ (Widderhoden) vergleicht. Skyr ist zwar das ganze Jahr über ein Genuss, aber an Weihnachten gilt er als besondere Spezialität, denn er dient als Erfrischung nach den vielen großen Bratengerichten, die an den Feiertagen normalerweise aufgetischt werden.

In der isländischen Weihnachtsfolklore waren die Menschen jedoch nicht die einzigen, die sich zu dieser Zeit nach Skyr sehnten. Es war auch die Lieblingsspeise des 8. isländischen Weihnachtsgesellen, Skyrgamur, oder „Quark-Gierschlund“. Vom 18. bis zum 30. Dezember wurde diese nationale Köstlichkeit, die sowohl zu süßen als auch zu herzhaften Gerichten passt, sorgfältig bewacht, damit sie nicht in die Hände des ruchlosen Trolls fiel.

Bjugnakraekir (Wurststibitzer)

Das Räuchern von Fleisch ist eine der beliebtesten Garmethoden in Island. Geräucherter Fisch und Lammfleisch sind das ganze Jahr über beliebt, ebenso wie geräucherte Würste, auf Isländisch „bjuga“ genannt. Ab der Nacht des 20. Dezembers war jedoch Wachsamkeit bei der Zubereitung der bjuga gefragt. Sie war das einzige Lebensmittel, das der 9. Weihnachtsgeselle, Bjugnakraekir, der „Wurststibitzer“, in seine schmutzigen Hände bekommen wollte. Bjugnakraekir hatte eine perfekte Methode, diese isländische Delikatesse zu stehlen: Es hieß, dass er in Häuser einbrach, sich auf dem Dachboden versteckte und darauf wartete, dass das Abendessen gekocht wurde, bevor er sich von oben herabstürzte, um es zu stibitzen.

Gluggagaegir (Fensterglotzer)

Der 10. Weihnachtsgeselle, der über die Weihnachtszeit herabstieg, war vielleicht der gruseligste von allen: der Gluggagægir (oder „Fensterglotzer“). In Anbetracht der Dunkelheit der isländischen Winter (um Weihnachten herum gibt es nur vier Stunden Sonnenlicht am Tag) braucht man nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie viel Angst die Kinder hatten, wenn sie in der Weihnachtsnacht die Fenster ihrer Häuser passierten: Sie befürchteten, dass dieser furchterregende Troll zu ihnen hereinschaute.

Wie einige der oben erwähnten Figuren scheint auch Gluggagaegir mit seinem schaurigen Verhalten die Kinder davon abhalten zu wollen, in den dunklen Wintern nach draußen zu gehen. Es war zudem eine Erinnerung daran, dass die kinderfressende Gryla überall im Land nach Übeltätern Ausschau hielt.

Gattathefur (Türschlitzschnüffler)

Gattathefur, der „Türschlitzschnüffler“, ist wahrscheinlich durch den pfeifenden Atem des Windes, der durch die zugigen Torfhäuser Islands schleicht, in die Folklore eingegangen. Ähnlich wie der Fensterglotzer und der Türzuschläger verfolgte auch er die isländischen Kinder in ihren Albträumen, in denen er sich ins Haus schlich, um Unheil anzurichten. Gattathefur hat zudem eine riesige Nase, die selbst für seine Artgenossen gewaltig ist, und der Grund für seine Schnüffelei war heimtückisch: Er befand sich ständig auf der Suche nach seiner Lieblingsspeise, der isländischen Delikatesse Laufabraud („Laubbrot“). Diese köstliche Leckerei wird nur in der Weihnachtszeit gebacken und ihre Herstellung ist vor allem im Norden eine beliebte Familienangelegenheit. Das Brot ist rund, sehr dünn und frittiert und wird mit komplizierten Mustern, meist Blättern, verziert. Diejenigen, die für ihre sorgfältigen Dekorationen bekannt waren, ärgerten sich besonders über Gattathefur, da er ihnen oft das Laufabraud stahl, bevor sie einen einzigen Gast damit beeindrucken konnten.

Ketkrokur (Fleischkraller)

Die kulinarischen Weihnachtstraditionen unterscheiden sich von Familie zu Familie erheblich, aber es gibt ein gemeinsames zentrales Merkmal der meisten Festmahle: das Fleisch. Und genau dieses war – laut isländischer Folklore – das beliebte Diebesgut des 12. und vorletzten Weihnachtsgesellen, Ketkrókur (oder „Fleischkraller“). Er lauerte überall dort, wo er Zugang zu einer Küche hatte (hinter Türen, unter Tischen, in Schränken, vor offenen Fenstern), und wartete darauf, dass das Fleisch eines Gerichts auf die Theke gelegt wurde. Sobald er nicht mehr gefangen werden konnte, holte er seinen langen Haken heraus und schnappte sich das Herzstück des Familienessens. Im Gegensatz zu seinem Bruder Bjugnakraekir, der es nur auf geräucherte Würste abgesehen hatte, war Ketkrókur wahllos und wartete, bis die ganze Familie eingeschlafen war, bevor er das Fleisch stahl, das gerade herumlag.

Kertasnikir (Kerzenschnorrer)

Der letzte Weihnachtsgeselle ist Kertasnikir, dessen Name übersetzt so viel bedeutet wie „Kerzenschnorrer“ oder „Kerzenbettler“. Er taucht an Heiligabend in Island auf. Wie bei seinen zwölf Brüdern ist sein Name selbsterklärend, aber die Folgen seines Unfugs waren schlimmer, als es scheint. Früher waren Kerzen in Island unglaublich wertvoll, da sie während der winterlichen Dunkelheit für Licht sorgten: Wie bereits erwähnt, ist es über Weihnachten etwa 20 Stunden pro Tag dunkel! Kerzen waren auch die einzige Möglichkeit für die Isländer, ihrer Lieblingsbeschäftigung, dem Lesen, nachzugehen, und es ist eine alte Tradition, sich an Weihnachten in Island zum Lesen zu treffen. Dieser Brauch macht Kertasnikirs Streiche umso ärgerlicher: Er wollte die Kerzen nicht einmal benutzen, um Romane und Gedichte zu genießen, sondern nur den Talg verzehren. aus dem die Kerzen gemacht waren.
Um möglichst viel davon zu ergattern, nahm er die leichtesten Ziele in einem Haushalt ins Visier – die Kinder! Er folgte ihnen in ihre Schlafzimmer oder Leseecken und stahl den Talg direkt aus ihren Händen.
Kertasnikir war zweifellos einer der aufdringlichsten Weihnachtsgesellen und einer, der die Kinder am meisten ärgerte. Alle konnten sich jedoch damit trösten, dass er der letzte war und in 13 Tagen (zusammen mit seinen Brüdern, seiner Mutter und ihrer Katze) in die Höhlen in Nordisland zurückkehren und dort bis zum nächsten Weihnachtsfest schlummern würde. Heute, da die Weihnachtsgesellen familienfreundlicher geworden sind und mehr geben als stehlen, ist Kertasnikir der letzte Weihnachtsgeselle, der die isländischen Kinder vor Weihnachten beschenkt – und sein Geschenk an brave Kinder ist heute meistens eine Kerze.