Brixton

Brixtons Identität war schon immer vielfältig, immer umstritten und immer eindringlich. Im 21. Jahrhundert ist es nach wie vor einer der interessantesten Teile der Stadt und das Herz von Südlondon. Brixton gilt als eine der multikulturellsten Siedlungen Großbritanniens. Und es ist viel los…
Die Entwicklung des Stadtteils zum Arbeiterviertel und Marktort setzte zwischen 1880 und 1890 mit der Installation der Pferde-Tram Up Brixton Hill ein. Brixton Market hatte 1888 eine der ersten elektrisch beleuchteteten Einkaufspassagen (Electric Ave).


Auf dem Dach des Gebäudes am Eingang zur Electric Avenue in der Brixton Road sieht man einen großen Art-Deco-Schriftzug und die merkwürdige Foxes and Cherries-Skulptur. Es wurde 2010 enthüllt und von der Künstlerin Lucy Casson geschaffen – es ist eine spielerische Interpretation der aasfressenden Füchse, die unter uns in London leben und sich an Kirschen vom Markt ergötzen.

London war seit dem 17. Jahrhundert immer wieder Zufluchtsort für verfolgte und leidende Minderheiten aus aller Welt. Mit der Wandlung des britischen Empire zum Commonwealth of Nations, sahen viele Einwohner der ehemaligen Kolonien in Afrika, der Karibik und dem indischen Raum eine Möglichkeit, in London ein neues Leben zu beginnen. So läßt sich heute beinahe ein ethnischer Stadtplan von London erstellen: Afrikaner und Kariben leben in Brixton oder Notting Hill, Iren in Camden oder Kilburn, Italiener in Clerkenwell, Chinesen in Soho, Inder im East End usw… London hat heute mehr als 7,1 Millionen Einwohner – die größten Minderheiten bilden Inder (5,2%), Kariben (4,4%) und Afrikaner (2,4%)- es werden 147 Sprachen in London gesprochen. Interessant ist, dass hier im Bezirk Lambeth ca. 78 Prozent für den Verbleib in der EU gestimmt hatten…

Der Brixton Station Road Market ist ein Gemeinschaftsmarkt, der von lokalen Händlern betrieben wird. Er befindet sich in einer breiten Fußgängerzone in der Nähe der U-Bahn, einer Straße mit Bars und Cafés, dem Recreation Centre und Pop Brixton. Außerdem führt er über die Popes Road zum Hintereingang von Brixton Village. Außerdem gibt es hier Straßenimbissstände, an denen die Händler Speisen aus der ganzen Welt anbieten.
Man spürt förmlich das karibische Flair, die Musik, das Essen und an jeder Ecke riecht es nach Gras. Die Gerüche des Brixton Market konkurrieren mit seinen Farben um die Aufmerksamkeit der Besucher. Die ersten Eindrücke des Markts, der als einer der größten für karibische und afrikanische Spezialitäten in Europa gilt, erschlagen fast.

Das Dog Star liegt an der Ecke Coldharbour Lane/Atlantic Road und ist seit über 20 Jahren eine von Londons coolsten DJ Bars. Die Liste der Sets, die hier bereits aufgelegt haben, ist lang: Massive Attack, The Prodigy, 2ManyDJs, Stereo MCs – um nur einige Namen zu nennen.
Der Markt ist ein kleiner Kosmos für sich – und Zentrum des gleichnamigen Stadtviertels im Süden Londons. Zwischen Lebensmittelhändlern und Restaurants verkaufen kleine Läden Plastikspielzeug, schreiend bunte, mit exotischen Mustern bedruckte Stoffe, künstliche Fingernägel, Langhaarperücken oder Kurzwaren.

Reliance Arcade, 455 Brixton Road (um 1924), bildet eine schmale Fußgängerverbindung von der Brixton Road zur Electric Lane. Es umfasst das ursprüngliche georgianische Haus und hat eine schöne Fassade mit ägyptischem Grabmal zur Electric Lane; es wurde 1931 von Ernest J. Thomas nach vorne erweitert. Im Inneren befinden sich kleine Geschäfte, die nicht größer als Marktstände sind, und ein Glasdach sorgt für Licht.

Brixton Village, Coldharbour Lane, wurde 1937 als Granville Arcade nach Entwürfen von Alfred und Vincent Burr gebaut; Bauherr war Philip Granville-Grossman. Das Innere besteht aus schmalen überdachten Straßen, die Avenues” genannt werden, und ist, ähnlich wie die Market Row, doppelt so hoch. Es gibt über 100 Geschäfte. Sie verbindet die Coldharbour Lane, die Atlantic Road und die Popes Road.

Leake Street Arches

In wenigen Gehminuten von der Waterloo Station entfernt kommt man über den Lower Marsh Market zur Leake Street. Hier befindet sich das eine Ende des Tunnels.

Das andere kann man aus Richtung London Eye (Riesenrad) über die York Road erreichen. Die Straße ist etwa 300 Meter lang und verläuft unter den Bahnsteigen und Gleisen der Waterloo Station.
Der Tunnel ist heute der Streetart Spot in London und eine der wenigen legalen Mauern in UK, an welchen die Künstler ihrer Kreativität freien Lauf lassen können.

Diese acht ehemaligen Eisenbahnbögen neben dem berühmten Graffiti-Tunnel wurden 2008 zu neuem Leben erweckt, als kein Geringerer als Banksy den Tunnel in eine Ausstellungsfläche verwandelte.
Heute ist die Leake Street eine Oase der Straßenkunst, in der Graffiti an den Wänden und Decken aktiv gefördert wird. Das Ergebnis ist, dass sowohl etablierte Künstler als auch Newcomer fast rund um die Uhr neue Kunstwerke schaffen, was bedeutet, dass sich die Leinwand bei jedem Besuch verändert hat. Die Halbwertszeit eines Graffitis in Augenhöhe ist also recht kurz.

Die Leake Street beherbergt auch eine ausgewählte Sammlung unabhängiger Restaurants und Bars, die die Essenz der urbanen Kultur einfangen.

In den Gewölben befindet sich auch das unterirdische Vaults Theatre, in dem das ganze Jahr über eine Reihe von Live-Shows stattfinden und eines der größten unabhängigen Festivals für darstellende Künste im Vereinigten Königreich, das VAULT Festival, das jedes Jahr von Januar bis März veranstaltet wird.

Rund um St. Pauls

Die St. Paul’s Cathedral (mit 122m die höchste Kirche der Stadt) nimmt in den Köpfen der Briten einen besonderen Platz ein. Innerhalb der Mauern des majestätischen Sakralbaus fanden wichtige Gottesdienste statt, zum Beispiel die Hochzeit von Prinz Charles und Diana, hier befindet sich auch die Residenz des Bischofs von London.
Als wir 2000 zum ersten Mal in London waren, kostete der Eintritt noch 5 GBP – heute bezahlt man 21 GBP vor Ort (Online kostet es 18 GBP). Nein, danke …

Wir setzen uns auf den Paternoster Square und trinken erst einmal einen Kaffee. Das ist ein netter, ruhiger Platz direkt hinter der St Pauls Cathedral. Interessant ist er aber nicht nur wegen der gelungenen Kombination aus alter und neuer Architektur, sondern auch wegen der angrenzenden kleinen Cafe’s, Läden und kleinen Buden mit verschiedenen Speisen aus aller Welt – es ist nicht zu überlaufen und überschaubar. Die Ursprünge des Platzes gehen auf die mittelalterliche Paternoster Row zurück, wo die Geistlichen von St. Paul’s einst mit ihren Rosenkränzen spazieren gingen und das Paternoster”, das Vaterunser, rezitierten.

In der linken hinteren Ecke des Platzes befindet sich zur Zeit eine wunderschöne Bronzeinstallation.
The Wild Table of Love zeigt einen Kreis von Bronzetieren, die sich einen Teller voll mit Essen schmecken lassen. Es ist das verrückteste Bankett seit der Teeparty des verrückten Hutmachers… und es enthält auch ein Kaninchen.

Das Kaninchen gibt vielleicht einen Hinweis auf die Bildhauer: es ist das Werk von Gillie und Marc, deren Skulpturen Rabbitwoman und Dogman häufig in London zu sehen sind. Die britischen und australischen Künstler Gillie und Marc wurden von der New York Times als “die erfolgreichsten und produktivsten Schöpfer öffentlicher Kunst in der Geschichte New Yorks” bezeichnet. Mit einigen der innovativsten öffentlichen Skulpturen der Welt definieren Gillie und Marc neu, was öffentliche Kunst sein sollte, und verbreiten Botschaften der Liebe, Gleichheit und des Umweltschutzes auf der ganzen Welt. Ihre begehrten Skulpturen und Gemälde sind in Kunstgalerien und an öffentlichen Plätzen in über 250 Städten zu sehen.
Die Künstler sind vor allem für ihre beliebten Figuren Rabbitwoman und Dogman bekannt, die die autobiografische Geschichte zweier gegensätzlicher Charaktere erzählen, die sich zu besten Freunden und Seelenverwandten entwickeln. Als unwahrscheinliche Gefährten aus dem Tierreich stehen Hase und Hund für Vielfalt und Akzeptanz durch Liebe. Gillie und Marc glauben, dass Kunst eine mächtige Plattform für Veränderungen ist. Ihre Kunst ist multidisziplinär und eine Hommage an die Bedeutung des Miteinanders sowie an die Großartigkeit der natürlichen Welt und die Notwendigkeit, sie zu bewahren – denn wir sind sie, und sie ist wir.

Zwei Plätze am Tisch sind frei geblieben, so dass sich die Passanten zu den Tieren setzen und das vorgetäuschte Festmahl genießen können.
Über die oben genannte Paternoster Row und Panyer Alley läuft man etwa 4 Minuten zu einem großen, modernen Einkaufszentrum – New Change. Schon von unten hat man einen eindrucksvollen Blick auf St. Paul’s, das sich in den Fassaden spiegelt.

Der oft als Geheimtipp beschriebene (kostenlose) Ausblick von der Dachterasse ist aber längst keiner mehr. Mit dem Fahrstuhl gelangt man direkt in den 6. Stock. Der Ausblick auf die Kathedrale ist wirklich eindrucksvoll und man hat auch einen schönen Blick auf die Stadt.

Über die Southwark Bridge (sie verbindet die City of London auf der Nordseite mit dem Stadtteil Southwark im Stadtbezirk London Borough of Southwark auf der Südseite.
Die Brücke ist 198m lang und besteht aus fünf Stahlbögen) verlassen wir das Viertel um St. John’s und streben zielbewußt unserem Lieblingsmarkt entgegegen.

Dieser Londoner Wochenmarkt, an dem an über 150 Ständen regionale aber auch exotische Lebensmittel angeboten werden, ist unser Favorit in London – einigen vielleicht auch bekannt aus dem Film Bridget Jones. Für die Dreharbeiten hat man den ganzen Markt für einen Tag gemietet und die Ladenbesitzer in den Film miteinbezogen. Der Markt diente auch als Drehort für das Wirtshaus Zum Tropfenden Kessel in Harry Potter und den Gefangenen von Askaban.
Hier haben wir schon viele Stunden verbracht. Nach 16 Uhr beginnt der “Ausverkauf” der Speisen, die Paella wird lautstark (und erfolgreich) angepriesen – vielleicht werden jetzt auch die Portionen größer 😉 – denn um 17 Uhr schließt der Markt. Gleichzeitig füllen sich die Pubs rund um den Markt.

Wir laufen über die London Bridge wieder zurück zur Nordseite, bummeln gemütlich zum Tower Wharf, trinken noch ein frisches IPA und geniessen die warme Abendsonne.
In den letzten zwei Jahren hat sich einiges verändert – hier stehen jetzt gewächshäuserartig überdachte Tische eines Restaurants.

The Shard ist ein pyramidenförmiger Wolkenkratzer in Londons Stadtteil Southwark, gilt als neues Wahrzeichen der Stadt und ist zudem das höchste Gebäude Westeuropas.