Siehst Du, ich meine, daß Du nun, da Dir zum ersten Mal zugemutet wird, im Tod des unendlich Nächsten den Tod zu erleiden, den ganzen Tod […], daß jetzt der Augenblick da ist, da Du am Fähigsten bist, das reine Geheimnis wahr-zu-nehmen, das, glaub es mir, nicht des Todes, sondern des Lebens ist.
Jetzt heißt es […] den Tod […] zum Leben hinzuzunehmen, als ein nicht mehr Abzulehnendes, nicht länger Verleugnetes. Reiß es an Dich, dieses Entsetzliche, […] schreck es nicht ab, indem Du vor ihm (wie alle anderen) erschrickst. Geh mit ihm um, oder […] halt wenigstens still, so daß es ganz nahe kommen kann, das immer verjagte Wesen des Todes, und sich dir anschmiege. Denn dies ist, siehst Du, der Tod geworden bei uns, dies immer Verscheuchte, das sich nie mehr zu erkennen geben konnte.
Rainer Maria Rilke