Und da sein großes Werk aus dem Handwerk hervorging, aus dem fast absichtslosen und demütigen Willen, immer bessere Dinge zu machen, so steht er auch heute noch, unberührt und rein von Absichten und Stoffen, als der Schlichtesten einer unter seinen erwachsenen Dingen. Die großen Gedanken, die erhabenen Bedeutungen sind zu ihnen gekommen wie Gesetze, die sich an Gutem, Vollendetem vollziehen; er hat sie nicht gerufen. Er hat sie nicht gewollt; tief wie ein Knecht ist er seinen Weg gegangen und hat eine Erde gemacht, hundert Erden. Aber jede Erde, die lebt, strahlt ihren Himmel aus und wirft Sternennächte weit hinaus in die Ewigkeit. Dieses: daß er nichts erdacht hat, gibt seinem Werk diese ergreifende Unmittelbarkeit und Reinheit. Die Gruppen von Figuren, die größeren Zusammenhänge von Gestalten hat er nicht im vorhinein, solange sie noch Einfälle waren, zusammengestellt; (denn der Einfall ist eines – und fast nichts – die Verwirklichung aber ein anderes und alles). Er hat gleich Dinge gemacht, viele Dinge, und aus ihnen erst hat er die neue Einheit gebildet oder aufwachsen lassen, und so sind seine Zusammenhänge innig und gesetzmäßig geworden, weil nicht Ideen, sondern Dinge sich gebunden haben. – Und dieses Werk konnte nur von einem Arbeiter ausgehen, und der es gebaut hat, kann ruhig die Inspiration leugnen; sie kommt nicht über ihn, weil sie in ihm ist, Tag und Nacht, verursacht von jedem Schauen, eine von jeder Bewegung seiner Hand erzeugte Wärme. Und je mehr die Dinge um ihn wuchsen, desto seltener waren die Störungen, die ihn erreichten; denn an den Wirklichkeiten, die um ihn standen, brachen alle Geräusche ab. Sein Werk selbst hat ihn beschützt; er hat darin gewohnt wie in einem Wald, und sein Leben muß schon lange dauern, denn was er selbst gepflanzt hat, ist ein Hochwald geworden. Und wenn man unter den Dingen herum geht, bei denen er wohnt und lebt, die er täglich wiedersieht und täglich vollendet, so ist sein Haus und die Geräusche darin etwas unsagbar Geringes und Nebensächliches, und man schaut es nur wie in einem Traum, seltsam verschoben und mit einer Auswahl blasser Erinnerungen erfüllt. Sein tägliches Leben und die Menschen, die hineingehören, liegen da wie ein leeres Bette, durch das er nicht mehr strömt; aber das hat nichts Trauriges an sich: denn nebenan hört man das große Rauschen und den gewaltigen Gang des Stromes, der sich nicht an zwei Arme teilen wollte . . .
Und ich glaube, Lou, so muß es sein . . .

Rainer Maria Rilke