Wir waren heute wieder im Kino – “Ein ganzes Leben”. Ich hatte den Film schon lange auf dem Schirm, weil mich der Trailer sehr berührt hat. Er ist aber erst in dieser Woche in Erbach gelaufen.

Es ist die Geschichte eines Mannes, Andreas Egger, der hauptsächlich durch Härte und schmerzende Rückschläge gekennzeichnet ist, der mehr schweigt, als spricht, der nie verzagt, auch wenn das Leben sich gegen ihn stellt. Alles mit sich selbst ausmacht und das über acht Jahrzehnte.

Er hatte niemanden, aber er hatte alles, was er brauchte – und das war genug.

Das Buch von Robert Seethaler/der Film handelt auch davon, wie klein der Mensch vor der Absolutheit der Bergwelt ist. Obwohl er zeitlebens alles entbehrt und sein Weg von schweren Schicksalsschlägen gezeichnet ist – etwa dem Verlust der ersten und einzigen großen Liebe Marie unter einer Schneelawine –, fehlt ihm an dessen Ende nichts. Kurz vor seinem Tod resümiert er im Film: „Auf mein Leben, kann ich zurückblicken, mit einem einzigen, großen Staunen. Und wenn ich nicht so müde wäre, dann könnte ich lachen vor reinem Glück“.

Er hatte länger durchgehalten als er selbst möglich gehalten hätte und konnte im Großen und Ganzen zufrieden sein. Er hatte seine Kindheit, einen Krieg und eine Lawine überlebt. Er hatte geliebt und er hatte eine Ahnung davon bekommen, wohin die Liebe führen konnte. Er hatte gesehen, wie ein paar Männer auf dem Mond herumspazierten, er war nie in die Verlegenheit gekommen, an Gott zu glauben – und der Tod machte ihm keine Angst. Er konnte sich nicht erinnern, wo er hergekommen war, und letztendlich wusste er nicht, wohin er gehen würde. Doch die Zeit dazwischen – auf sein Leben – konnte er ohne Bedauern zurückblicken, mit einem abgerissenen Lachen und einem einzigen Staunen.

Andreas Egger starb in einer Nacht im Februar.
Er hörte ein Geräusch, ganz nah an seinem Ohr. Ein sanftes Wispern, so als spräche jemand zu einem kleinen Kind. Es ist doch schon spät, hörte er sich selbst sagen – und es war als schwebten seine eigenen Worte einige Augenblicke vor ihm in der Luft, ehe sie im Licht des kleinen Mondes im Fenster zerplatzten. Er spürte einen hellen Schmerz in seiner Brust und sah zu, wie sein Oberkörper langsam nach vorne sank und sein Kopf mit der Wange auf der Tischplatte zu liegen kam. Er hörte sein eigenes Herz, er lauschte der Stille, als es zu schlagen aufhörte. Geduldig wartete er auf den nächsten Herzschlag – und als keiner mehr kam, lies er los und starb.

Aus diesem Grund kann man, glaube ich, auch sagen, dass der Film trotz seiner vielen historischen Aspekte auch ein Film über die gegenwärtige Zeit ist und eine (mögliche) Vorlage darstellt, um darüber nachzudenken, wie wir in vielen Jahrzehnten auf unser eigenes Leben zurückblicken werden, ohne wirklich zu begreifen, was eigentlich geschehen ist …