Frühling! hallt’s in tiefster Seele,
Frühling! glüht’s durch mein Gebein,
Frühling! tönt’s aus heller Kehle,
Frühling schlürf’ ich durstig ein!

Trunken schwimmt von Sonnenbergen
Gottesgrün um meinen Blick,
Bringt aus heißbeweinten Särgen
Meiner Lieben Kuß zurück.

Ach! mein erstes Frühlingsleben
Lockt erneut mit Honigkost,
Daß die tiefsten Mark erbeben,
Daß verglühen Gram und Rost!

Freude! rauscht’s von allen Bäumen,
Liebe lallt’s in jedem Laut,
Alle guten Geister keimen,
Alle rufen ihre Braut!

Denn es quillt der Schöpfungsbronnen
Pflanzenweckend durch die Welt,
Und die Kraft von tausend Sonnen
Hat den Liebesstrom geschwellt.

Jubelnd ziehn die Maienkräfte
Ins Gebiet der Seele ein,
Gährend schäumt die Fluth der Säfte,
Wie gerüttelt alter Wein!

Und es kreist ein mächtig Brausen
Durch den Flor der innern Welt,
Alle Lebenswinde sausen
Blüthenregnend durch das Feld!

Und es ragt der Baum der Liebe
Hoch und stolz in Rosengluth,
Safterfüllt die kühnen Triebe,
Hellumblüht von Kraft und Muth.

Von den krausen Aesten schwanken
Holde Nester ohne Zahl
Mit der Brut von Lichtgedanken,
Mit der Sehnsucht Lust und Qual.

Süße Hochgefühle locken
Finkenhell aus seinem Grün,
Herzdurchglühnde Lieder flocken
Sonnenfreudig drüberhin.

Aus des Laubes nächt’gem Dunkel
Blitzt des Geist allmächt’ger Strahl,
Sprüht im hellsten Goldgefunkel
In die Welt das Ideal,

Daß die Bäume sich bewegen,
Und die Marmorstufen glühn,
Daß sich alle Farben regen
Und zum Meisterbild erblühn!

Denn verschwunden ist der Norden
Aus des Lebens tiefstem Grund,
Süden ist’s in mir geworden,
Alle Kräfte werden kund!

Singend aus enteister Zelle
Steigt die Seel’, ein Sonnenaar,
Auf zur höchsten Schönheitsquelle,
Auf zu Gottes Hochaltar!

Ewighelle Frühlingsblüthe,
Sitzt sie still am Vaterherz,
Und verträumt in seiner Güte
Allen ird’schen Winterschmerz!

Beda Weber