Wo könnt‘ es Laute oder Worte geben,
Wer hätt‘ zur Schild‘rung dieses Tags ein Recht,
Wo schlägt ein Herz, wo atmet Menschenleben,
Das solche Worte auf zum Himmel trägt!
Des grossen Tages feierliche Stunde
Durchschauert uns‘re Seele und Gebein,
Nicht darf das Wort aus unberuf‘nem Munde
Sich heut‘ dem Dienst des heil‘gen Tages weih‘n.
Wohl sind viel fromme Lieder schon erklungen,
Die würdig dieser grossen Aufgab‘ sind,
Daß man oft meint, ein Engel hat‘s gesungen;
Denn nichts genügt, was Menschengeist ersinnt.
Wie soll dann ich, so blind, so alt und matt, es wagen,
Ich, die am Ende meiner Tage bin,
Gedanken würdig über diesen Tag zu sagen,
Nicht Herr bin ich mehr über Wort und Sinn.
Vereinsamt sitz‘ ich da, entbehre Licht und Luft,
Seit lange kann mein Aug‘ die Sonne nicht mehr schauen,
Verharre in Geduld, bis Gott mich gnädig ruft,
Was ich nicht sagen kann, will Gott ich anvertrauen.
Daß ich nichts bin, nur mühsam mehr kann beten,
Nicht finden Worte aus der vollen Brust,
Nur ängstöich hin vor Christi Kreuz kann treten,
Dess bin ich demutsvoll mir ganz bewusst.
Erwartend knieen wir beim ersten Morgenscheine,
Die Schöpfung ruht, und alle Pulse stocken,
Gründonnerstag beginnet — Worte find‘ ich keine,
Verstummt sind heut‘ die heil‘gen Kirchenglocken.
Wollt‘ ich mein Fühlen und Empfinden schildern,
Dazu gehörte Licht und Kraft und Mut,
Nur zagend wählt die Seele in den Bildern,
Möcht‘ gerne zeichnen sie mit voller Glut.
Gründonnerstag beginnt die Opferwege,
Die Gottes Sohn für uns gewandelt hat.
O, daß mein Wort in alle Herzen lege
Verständnis für des Heilands Kreuzespfad!
Das Recht, zu schildern, hat der Priester nur erworben,
Dem Gottes Finger selbst die Worte zeigte
Seit jenem Tag, an dem der Herr für uns gestorben,
Seit jener Stunde, als Sein Haupt sich neigte.

Prinzessin Ernst von Arenberg