Das weiße Volk der Sommerwolken
Steigt in den breiten Fensterrahmen.
Gestalten, die verhebt wie aus Gehirnen kamen,
Und keine Hand kann sie mehr halten,
Sie wachsen über Bergen sich zusammen.
Wie ein dämonisch Schauspiel ist ihr Wandern,
Sie hängen wie auf blauer Bühne oben,
Sind Puppen, in den Händen eines ändern
An Schnüren unsichtbar zum Spiel geschoben.
Sind Masken, die Gesichter wild Verkappen.
Sind Blinde, die im blauen Dunkel tappen.
Gewänder, deren Falten mit Grimassen
Verborgne Leidenschaften ahnen lassen,
Mit weiten Gesten durch die Lüfte streichen.
Sind Komödianten, die im Liebespiel erglühen
Und sind Tragöden, welche jäh erbleichen.
Als baut das Menschenherz sich Allgewalten
Ins Blau hinaus, sind Fäuste, die sich ballten.
Als sind da Flüche, die nicht mehr zu zähmen,
Heere von Wünschen, die Gestalten gern bekämen.

Und alle Wolken tragen helle Stirnen,
Sie stehen grübelnd oft auf einer Stelle
Und sind gedankenvoll im Weitergehen
Und Suchen ihren Tod zur Tiefe wie die Welle.
Und neu steigt Wolk um Wolke auf als Riese,
Als riefe sie ein Stichwort in das Blau.
Herein schiebt Landschaft sich und Bergkulisse
Hoch in den endlosen Theaterbau.
Schon viele Helden auf der Bühne fielen,
Doch niemand sah den Anfang, noch das Ende
Von jenen wolkengroßen Puppenspielen.
Jahrhunderte sie schon in Szene gehen;
Wir, welche zuschaun müssen, all’ ergraun
Und sterben überm Sehen.

Max Dauthendey