Man kann sich die Weiten und Möglichkeiten des Lebens gar nicht unerschöpflich genug denken. Kein Schicksal, keine Absage, keine Not ist einfach aussichtslos; irgendwo kann das härteste Gestrüpp es zu Blättern bringen, zu einer Blüte, zu einer Frucht. Und irgendwo in Gottes äußerster Vorsehung wird auch schon ein Insekt sein, das aus dieser Blüte Reichtum trägt, oder ein Hunger, dem diese Frucht willkommen ist. Und sollte sie bitter sein, so wird sie doch mindestens einem Auge erstaunlich gewesen sein und wird ihm Lust gemacht haben und Neugier nach Formen und Farben und Hervorbringungen des Dickichts; und sollte sie abfallen, so fällt sie in die Fülle des Künftigen und trägt noch in ihrem letzten Zerfall dazu bei, es reicher, bunter, drängender und wachsender zu machen.

Rainer Maria Rilke