Erneut im Licht! so will’s des Lebens
Gesetz, das allen Stoff durchkreist,
Ahrimans Winter drohn vergebens,
Der Sieg verbleibt dem guten Geist.
Sein weltverjüngend Maienwunder
Weckt Saft und Farbe, Ton und Klang,
Drum schallt von allen Wipfeln munter
Der Nachtigallen Lobgesang.
Sie jubeln seiner denn in Worten:
Sieh’, es ist alles neu geworden.

Gekränktes Herz, wozu dein Härmen?
Streif ab den fleckendunkeln Rost,
Laß dich von diesen Lüften wärmen
Und schöpf’ aus dieser Landschaft Trost!
Kein Leid, kein Groll darf allzeit dauern,
Es kommt der Tag, da alles grünt,
Da Kränkung, Schuld und herbes Trauern
In goldner Sonne Strahl sich sühnt,
Auch im Gemüt, wie allerorten,
Sieh’, es ist alles neu geworden.

Und ruht im kühlen Schoß der Erde
Von allem Schmerz dein sterblich Teil,
Getrost, getrost! ein kräftig „Werde!”
Beruft dich einst zu bessrem Heil.
Aus ird’schen Stoffs und Grams Verzehrung
Reist unsichtbar ein frischer Keim,
Den eines andern Mal Verklärung
Zur Blüte bringt in anderm Heim.
Dort rauscht’s in höheren Akkorden:
Sieh’, es ist alles neu geworden.

Joseph Victor von Scheffel