Der finst’re König Frost hält mich gefangen,
Ich trage seiner Fesseln starres Erz,
Bleich wie sein Leichentuch sind meine Wangen,
Des Todes Ahnung schauert durch mein Herz,
Und wie des Blaubarts Weib in grauser Stunde
Verzweifelnd forschte nach der Rettungskunde
So frag’ ich, gramentstellten Angesichts,
Mein spähend Aug’: Siehst du noch nichts? noch nichts?

Noch keine jungen Triebe an den Bäumen,
Noch keinen Sonnenpfeil, der fliegt und trifft,
Noch keinen Purpur an den Wolkensäumen,
Noch keine fromme Primel auf der Trift?
Noch nichts, was des Befreiers Nah’n verkündet,
Ein zagend Herz mit neuem Muth entzündet?
Noch keinen Schimmer wärmern, reinern Lichts?
Mein treues Aug’! siehst du noch nichts? noch nichts?

Schon holt der finst’re König aus zum Streiche –
O Retter Lenz! sieh’ her auf meine Qual!
Willst du denn erst auf meine starre Leiche
Herniedergießen deinen milden Strahl?
Dies Herz, das heiß entgegen dir geschlagen,
Dein schönes Bild so treu in sich getragen,
In wilder Sehnsucht dunklem Jammer bricht’s –
Betty Paoli