Als ich zuerst zu Rodin kam und draußen in Meudon bei ihm frühstückte mit Menschen, die man nicht kennen lernte, mit Fremden an einem Tische, da wußte ich, daß sein Haus nichts für ihn war, eine kleine armselige Notdurft vielleicht, ein Dach für Regen- und Schlafzeit; und daß es keine Sorge war für ihn und an seiner Einsamkeit und Sammlung kein Gewicht. Tief in sich trug er eines Hauses Dunkel, Zuflucht und Ruhe, und darüber war er selbst Himmel geworden und Wald herum und Weite und großer Strom, der immer vorüberfloß. O was für ein Einsamer ist dieser Greis, der, versenkt in sich selbst, voller Säfte steht wie ein alter Baum im Herbst. Er ist tief geworden; seinem Herzen hat er eine Tiefe gegraben, und sein Schlag kommt fernher wie aus eines Gebirges Mitte. Seine Gedanken gehen in ihm umher und füllen ihn an mit Schwere und Süßigkeit und verlieren sich nicht an die Oberfläche. Er ist stumpf geworden und hart gegen das Unwichtige, und, wie von einer alten Rinde umgeben, steht er unter den Menschen. Aber dem Wichtigen reißt er sich auf, und ganz offen ist er, wenn er bei Dingen ist, oder wo Tiere und Menschen ihn still und wie Dinge berühren. Da ist er Lernender und Anfänger und Zuschauer und Nachahmer von Schönheiten, die sonst immer nur unter Schlafenden vergangen sind, unter Zerstreuten und Teilnahmslosen. Da ist er der Aufmerksame, dem nichts entgeht, der Liebende, der beständig empfängt, der Geduldige, der seine Zeit nicht zählt und nicht daran denkt, das Nächste zu wollen. Immer ist ihm das, was er schaut und mit Schauen umgibt, das Einzige, die Welt, auf der alles geschieht; wenn er eine Hand bildet, so ist sie im Raum allein, und es ist nichts außer einer Hand; und Gott hat in sechs Tagen nur eine Hand gemacht und hat die Wasser um sie ausgegossen und die Himmel gebogen über sie; und hat geruht über ihr, als alles vollendet war, und es war eine Herrlichkeit und eine Hand.

Rainer Maria Rilke