Ein Abend im Herbst. Ein einsames Zimmer.
Darinnen lag
Mit mattem bläulichem Schimmer
Der sterbende Tag.
Und Du
Saßest am Flügel;
Ich sah und hörte im Dunkel Dir zu.
Über die weißen Tasten hin
Flatterte Deiner Finger Flug
Wie über die weißen Kreidehügel
An Englands Küste die Möven flieh’n.
Ich hörte Akkorde brausen und schwellen
Wie Brandung, die an die Klippen schlug
Dazwischen manchmal schrillte ein Schrei
Wie von Weh – –
Und dunkler und dunkler wurde die See -.
Im Dunkel verschwand
Der Mövenflug und der weiße Strand.

Doch auf der rauschenden schwarzen Flut
Trieb plötzlich vorbei …
Ein Menschenhaupt …! Ich sah es gut,
Und starrte es an, und sah nichts mehr
Als seine blassen, marmornen Wangen
Und das feine Profil, und wie grüne Schlangen
Ringelnde Locken um seine Stirn
Und tief, aus tiefen Höhlen her
Zwei todestraurige Augen irr’n
Wie Seelen, die in den Himmel wollen
Und finden ihn nicht – – –

Und ich erkannte dies blasse Gesicht!

Es war Deins!! –
In all dem Brausen und Tosen und Grollen
In all dem Wirbel weinender Stimmen
Die aus dem Wogen der Brandung schrien,
Trieb es schweigend dahin
Wie eine Leiche …
Ich starrte entsetzt
Nur auf dies Antlitz, das totenbleiche,
Und sah es auf unsichtbaren Wogen
Schwimmen – verschwimmen – –
Als würd’ es in gähnende Meerestiefen
Hinabgezogen . . . . . .
Stille zuletzt.
Die Töne entschliefen.
Nacht lag außen – und drinnen.
Und plötzlich, traurig, hast Du geboten
Mir Deine Hand
Und hießest mich geh’n.
Eine kühle Hand, wie die Hände der Toten!

– – Meine Seele verstand.

Ich ging von hinnen.

– Und habe Dich nie mehr, nie mehr geseh’n …

Anton Alfred Noder