Da war ich mitten in der Nacht aufgewacht und leise aufgestanden und mit Zagen ans Fenster gegangen, und vor dem Fenster war es seltsam hell, gar nicht schwarz und todesfinster, wie ich mir vorgestellt hatte. Es sah alles dumpf und verwischt und traurig aus, große Wolken stöhnten über den ganzen Himmel, und die bläulich-schwarzen Berge schienen mitzufluten, als hätten sie alle Angst und strebten davon, um einem nahenden Unglück zu entrinnen. Die Pappeln schliefen und… weiterlesen

All der Tand, den Jugend schätzt,Auch von mir ward er verehrt,Locken, Schlipse, Helm und Schwert,Und die Weiblein nicht zuletzt.Aber nun erst seh ich klar,Da für mich, den alten Knaben,Nichts von allem mehr zu haben,Aber nun erst seh ich klar,Wie dies Streben weise war.Zwar vergehen Band und LockenUnd der ganze Zauber bald;Aber was ich sonst gewonnen,Weisheit, Tugend, warme Socken,Ach, auch das ist bald zerronnen,Und auf Erden wird es kalt.Herrlich ist für alte LeuteOfen und Burgunder rotUnd… weiterlesen

Wenn du die kleine Hand mir gibst,Die so viel Ungesagtes sagt,Hab ich dich jemals dann gefragt,Ob du mich liebst?Ich will ja nicht, daß du mich liebst,Will nur, daß ich dich nahe weißUnd daß du manchmal stumm und leisDie Hand mir gibst. Hermann Hesse… weiterlesen

Sie sind so jung, so vor allem Anfang, und ich möchte Sie, so gut ich es kann, bitten, lieber Herr, Geduld zu haben gegen alles Ungelöste in Ihrem Herzen und zu versuchen, die Fragen selbst liebzuhaben wie verschlossene Stuben und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind. Forschen Sie jetzt nicht nach den Antworten, die Ihnen nicht gegeben werden können, weil Sie sie nicht leben könnten. Und es handelt sich darum, alles… weiterlesen

Chopins Nocturne Es-dur. Der BogenDes hohen Fensters stand voll Licht.Auch deinem ernsten AngesichtWar eine Glorie angeflogen.In keiner Nacht hat so mich wiederDer stille Silbermond berührt,Daß ich im Innersten verspürtUnnennbar süß ein Lied der Lieder.Du schwiegst. Auch ich; die stumme FerneVerrann im Licht. Kein Leben warAls nur im See ein SchwänepaarUnd über uns der Lauf der Sterne.Du tratest in den Fensterbogen,Um deine ausgestreckte HandWar dir vom Mond ein SilberrandUnd um den schmalen Hals gezogen. Hermann Hesse… weiterlesen

Ich sehe den Bäumen die Stürme an, die aus laugewordenen Tagenan meine ängstlichen Fenster schlagen, und höre die Fernen Dinge sagen,die ich nicht ohne Freund ertragen, nicht ohne Schwester lieben kann. Da geht der Sturm, ein Umgestalter, geht durch den Wald und durch die Zeit,und alles ist wie ohne Alter: die Landschaft, wie ein Vers im Psalter,ist Ernst und Wucht und Ewigkeit. Wie ist das klein, womit wir ringen, was mit uns ringt, wie ist… weiterlesen

Nein, Junge, suche du allein Den Weg und laß mich weitergehen!Mein Weg ist weit und mühevollUnd führt durch Dornen, Nacht und Wehen.Geh lieber mit den andern dort!Der Weg ist glatt und viel betreten,Ich will in meiner EinsamkeitAuch fürder einsam sein und beten.Und siehst du mich auf Bergen stehen,Beneid mich nicht um meine Flügel!Du wähnst mich hoch und himmelnah –Ich seh, der Berg war nur ein Hügel. Hermann Hesse… weiterlesen

Auf Dach und Simsen überallDer stetig leise TropfenfallUnd weit hinein ins dunkle LandSanft wie ein Schleier ausgespannt,Der sich im Winde senkt und hebtUnd leblos ist und dennoch lebt.Der Acker, der die Wolke zieht,Der Himmel, der zur Erde strebt,Das wogt und rinnt und klagt und bebtIn diesem stetig leisen Lied,So wie ein tiefer GeigenklangGeheimer Sehnsucht dunklen DrangIn Töne hüllt und weiterträgtUnd da und dort ein Herz bewegt,Das nach demselben HeimwehlandSich sehnend, keine Worte fand.Und was nicht… weiterlesen

Ich hatte eine seltene ViolineMit wunderbar gebräunten, blanken, starkenWänden und lichten,Echten, uralten Zargen.Nur schräg im Boden,sichtbar keinem Laien,Zog sich ein Riß und gab den edlen TönenEin seltsam hartes,Verwundetes, krankes Stöhnen.Krähn können auch die Raben.Wer klingen will,Wer Lieder singen will,Darf keine Risse haben. Hermann Hesse… weiterlesen

Altmodisch steht mit schmächtigen PilasternWie sonst das Schloss. Auf violetten AsternIrrt noch ein später Falter her und hinMit krankem Flügelschlagen,Und welke Beete sagen,Dass ich zu spät gekommen bin.Und am Balkon in seidenen Gewändern,Mit stolzen Augen in vertrübten Rändern,Steht trüb und stolz die blasse Königin,Und will die Hand erheben,Und kann mir nicht vergeben,Dass ich zu spät gekommen bin. Hermann Hesse… weiterlesen