Türchen 1
Du musst das Leben nicht verstehen,dann wird es werden wie ein Fest.Und lass dir jeden Tag geschehenso wie ein Kind im Weitergehen von jedem Wehensich viele Blüten schenken lässt. Sie aufzusammeln und zu sparen,das kommt dem Kind nicht in den Sinn.Es löst sie leise aus den Haaren,drin sie so gern gefangen waren,und hält den lieben jungen Jahrennach neuen seine Hände hin. Rainer Maria Rilke… weiterlesen
Winter kommt …
Nun gib mir deine blasse Hand,Wir wollen in die Weite geben.Der Winter kam – ein Sommer schwandIn Nebel hüllt sich das Geschehen. Wir gehen; weißt du, wann wir ruhn?Ich sehe keine Pforte offen.O friere nicht! – Wir haben nunNichts mehr zu sagen, nichts zu hoffen. Walter Calé… weiterlesen
Die Einsiedlerin
O lasse Geliebter mich einsam leben!Dem Tode bin ich früh geweiht,Ich kann dir nicht Friede nicht Freude geben,Doch beten für dich in Einsamkeit. Ich will dir Geliebte dein Zellchen bauenMein Herz ist einsam und dir geweiht.Und durch meine Augen kannst du wohl schauenDen Himmel so nah, die Welt so weit. Die Arme, ich will sie dicht um dich schlingen,Wie Liebeszweige, an Früchten schwer,Die Lippe, sie soll dir wie Echo klingen,Wie Vöglein springen mein Lied umher.… weiterlesen
Die Nacht wächst wie eine schwarze Stadt
Die Nacht wächst wie eine schwarze Stadt,wo nach stummen Gesetzensich die Gassen mit Gassen vernetzenund sich Plätze fügen zu Plätzen,und die bald an die tausend Türme hat. Aber die Häuser der schwarzen Stadt, –du weißt nicht, wer darin siedelt. In ihrer Gärten schweigendem Glanzreihen sich reigende Träume zum Tanz, –und du weißt nicht, wer ihnen fiedelt… Rainer Maria Rilke… weiterlesen
3. Sinfoniekonzert
Es sind heute wesentlich weniger Stühle auf der Konzertbühne im Staatstheater Darmstadt … die Erklärung liegt bei Lucie Leguay – doch dazu später mehr… * Die Sinfonie Nr. 6 „Pathétique“ in h-Moll (op. 74) … ist das letzte Werk von Peter Iljitsch Tschaikowski. Nach dem plötzlichen Verlust der Freundschaft mit Nadeshda von Meck im Jahr 1890 gestand Tschaikowski dem Großfürsten Konstantin: “Eine überwältigende Sehnsucht überkommt mich, eine monumentale Symphonie zu erschaffen, die den Höhepunkt meiner… weiterlesen
Dein Herbst. pt2
So nimmt die Zeit, einst Güter der NaturDir schönes Kind! Dein Herbst, dein Winter werden kommenMit räuberischer Hand. Dann wird, wie von der Flur,Der Reiz von dieser Wange weggenommen.Sie lassen dir des Herzens Schönheit nur!Nur den Verstand heraufgereift, nur ZügeDer Seele, die mit Tugend ausgeschmücktNicht von der Zeit, vom Zufall nicht erdrückt,Bezeuget, daß in ihr der Gottheit Funke liege!Wann achtzehn Erndten noch vorüber gehn,Und Krankheit nicht in Dir Verwüstung angerichtet;Dann ist vielleicht noch dieses Antlitz… weiterlesen
… so liebend stehen wie vor dem Eingang zur Hölle
Wenn du vor mir stehst und mich ansiehst, was weißt du von den Schmerzen, die in mir sind und was weiß ich von deinen. Und wenn ich mich vor dir niederwerfen würde und weinen und erzählen, was wüßtest du von mir mehr als von der Hölle, wenn dir jemand erzählt, sie ist heiß und fürchterlich. Schon darum sollten wir Menschen voreinander so ehrfürchtig, so nachdenklich, so liebend stehen wie vor dem Eingang zur Hölle.Franz Kafka… weiterlesen
Wenn die Bäume entlaubt sind
Ich liebe den Herbst; seine Traurigkeit stimmt gut zu Erinnerungen. Wenn die Bäume entlaubt sind, wenn der Abendhimmel noch in den tiefroten Farben glüht, die einen goldigen Schein über das Heu werfen, dann sieht man mit Entzücken alles verlöschen, was jüngst noch im Herzen brannte. Gustave Flaubert… weiterlesen
… da teilt sich das Herz
Gerade auf diesem Lebenswege, wo du alles fahren läßt, was doch sonst die Menschen reizt, Ehre, Reichtum, Wohlleben, gerade auf diesem Wege wirst du um so gewisser etwas anderes finden, das doch mehr wert ist als das alles – Liebe. Denn wo es sonst noch andere Genüsse gibt, da teilt sich das Herz, aber wo es nichts gibt als Liebe, da öffnet sich ihr das ganze Wesen, da umfaßt es ihr ganzes Glück, da werden… weiterlesen
Die Wasser sind gar so dunkel
Es dämmert, es dämmert den See herab,Die Wasser sind gar so dunkel;Doch wann der Blitz über den Bergen strahlt,Was ist das für ein Gefunkel!Dann tun dem Schiffer die Augen weh,Er sputet sich ängstlich zu Lande,Wo gaffend der Feierabend stehtAm fahlerleuchteten Strande.Die Leute freuen und fürchten sichUnd wünschen ein gutes EndeUnd daß der Herr sein SchloßengerichtNicht in den Krautgarten sende!Jetzt zischt der Strahl in die laue FlutWie eine feurige Kette,Der dumme Haufen ergreift die FluchtUnd kriecht… weiterlesen