Maimorgengang, o still Entzücken:
Der Äther strahlt im reinsten Blau,
Und bräutlich will der Wald sich schmücken
Mit zartem Grün und Silbertau.
Mit weichem, träumerischem Schläfern
Strömt rings ein lauer Frühlingsduft,
Und mit den Faltern und den Käfern
Durchfliegt ein Blütenschnee die Luft;
Die Halden blühn, die jüngst noch dorrten:
Sieh’, es ist alles neu geworden.

Im Kies verstrüppter Uferdämme
Schleicht heut mein Pfad feldaus, waldein,
Da spiegeln wilde Birnbaumstämme
Mit Ulm’ und Esche sich im Rhein.
Auch ihn erfreun des Maien Wonnen,
Sein Schuppenvolk taucht wohlig vor,
Der Aal kommt schlängelnd sich zu sonnen,
Laut plätschernd schnalzt der Hecht empor,
Und murmelnd trägt’s die Flut gen Norden:
Sieh’, es ist alles neu geworden.

Joseph Victor von Scheffel