Wenn wir mit jedem neuen Jahre sich schmücken sehen Wald und Flur,
Beschleicht uns neidisches Empfinden ob unsers Lebens flücht’ger Spur.
Der Neid, daß uns kein Frühling wieder will kehren nach der Jugend Tagen,
Daß Bäumen gleich mit kahlen Aesten wir winterlich zum Himmel ragen!
Daß sich mit Blüten und mit Düften allimmerdar der Lenz erneut,
Indes das Schicksal auch nicht eine der Blumen auf den Weg uns streut!
Doch möchten wir uns nur bespiegeln im tiefen Born des Selbsterkennens,
Wir fänden selbst, als abgestorben, uns wert des Fällens und Verbrennens.
Es wäre auch in uns oft wieder ein neuer Frühling aufgewacht,
Wenn nicht der Herzen eis’ge Kälte ihn rasch erstarren hätt’ gemacht!

Ludwig Anzengruber