A view of a destroyed meat production facility in the aftermath of an attack, as Russia’s invasion of Ukraine continues, at a location given as Mykolaiv, Ukraine, in this still image obtained from a handout video released May 30, 2022. State Emergency Services of Ukraine/Handout via REUTERS

Russische Truppen haben die seit Wochen umkämpfte Stadt Sjewjerodonzek im Osten der Ukraine nach ukrainischen Angaben weitgehend eingenommen. Der größte Teil der Stadt sei jetzt unter russischer Kontrolle, sagte Regionalgouverneur Serhij Gajdaj im ukrainischen Fernsehen. Im „Herzen der Stadt“ werde aber weitergekämpft. „Unsere Soldaten sind in der Defensive, aber sie halten ihre Stellungen“, versicherte Gajdaj. Zivilisten, die noch in der Stadt festsitzen, könnten nicht mehr vor den Kämpfen fliehen: „Es gibt jetzt keine Möglichkeit mehr, Sjewjerodonezk zu verlassen.“ Die Kämpfe seien zu heftig, um Evakuierungsaktionen zuzulassen.
Zudem soll bei einem russischen Luftangriff auf die Stadt in einer Chemiefabrik ein Tank mit Salpetersäure leckgeschlagen haben. Anwohner wurden aufgerufen, ihre Wohnungen nicht zu verlassen und Gasmasken – hilfsweise mit Sodalösung getränkte Stoffmasken – zu tragen.

Deutsche Industrie unterstützt Öl-Embargo gegen Russland
Den 27 EU-Mitgliedsstaaten ist bei einem Sondergipfel in Brüssel ein Stück Einigkeit gelungen. Der Beschluss: Vorerst werden russische Öl-Lieferungen über den Seeweg unterbunden, nicht aber Transporte per Pipeline.
Die deutsche Industrie steht nach den Worten von Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), hinter der Entscheidung der EU für ein teilweises Öl-Embargo gegen Russland. Angesichts des Krieges brauche es „unmissverständliche, zielgenaue und langfristig durchhaltbare Sanktionen, die den Aggressor stärker bestrafen als uns Europäer“, sagte Russwurm. Der BDI sprach von einem „außerordentlich drastischen Schritt“, auf den sich die deutschen Unternehmen seit Wochen vorbereiteten. Es sei nun wichtig, in der Ausgestaltung des Öl-Embargos innerhalb der EU „Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden“.

Die Ölpreise haben am Dienstag deutlich zugelegt und sind auf den höchsten Stand seit gut zwei Monaten gestiegen. Am Morgen kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 123,32 US-Dollar. Das waren 1,65 Dollar mehr als am Vortag. Der Preis für ein Fass der US-amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) stieg um 3,47 Dollar auf 118,54 Dollar.
Die Aussicht auf ein vermindertes Angebot aus Russland infolge neuer Sanktionen der Europäischen Union wegen des Ukraine-Kriegs treibt die Ölpreise. Die EU-Staaten haben sich im Streit um das geplante Öl-Embargo gegen Russland auf einen Kompromiss verständigt.

Milley: Militärische Befreiung des Hafens von Odessa „hochriskant“
US-Generalstabschef Mark Milley hält eine Beendigung der Blockade des Hafens von Odessa mit militärischen Mitteln – damit wichtige Güter wie Getreide wieder exportiert werden können – für „hochriskant“. „Derzeit sind die Seewege durch Minen und die russische Marine blockiert“, sagte Milley bei seinem Besuch in London. Ukrainische Einheiten hatten zur Abwehr russischer Angriffe die Minen gelegt. „Um diese Seewege zu öffnen, wäre eine sehr große militärische Anstrengung eines Landes oder einer Gruppe von Ländern nötig“, sagte Milley.

Selenskyj: Russland mit „maximaler Kampfkraft“ im Donbass
Die Lage im Osten der Ukraine bleibt am 97. Tag des Krieges äußerst schwierig. Im Donbass sei nun die „maximale Kampfkraft der russischen Armee“ versammelt, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer Videobotschaft in der Nacht zum Dienstag. In die umkämpfte Großstadt Sjewjerodonezk im Osten des Landes waren nach ukrainischen Angaben bereits am Montag russische Truppen vorgedrungen.
Die Stadt ist seit Monaten Ziel russischer Angriffe. Sie gilt als letzter Punkt, den das ukrainische Militär in der Region Luhansk noch kontrolliert. Am Montagmorgen hatten die russischen Truppen nach Angaben des Generalstabs zunächst noch am Stadtrand und in den Außenbezirken gekämpft.

Baerbock: Es braucht langen Atem bei Unterstützung der Ukraine
Außenministerin Annalena Baerbock fordert, die Unterstützung der Ukraine an die neue Kriegsstrategie des russischen Präsidenten Wladimir Putin anzupassen. Putin habe angenommen, „er könnte schnell brutal in die Ukraine einmarschieren und dann das Land niedermachen“, sagte die Grünen-Politikerin in der ARD-Sendung „Brennpunkt“. „Jetzt sieht er, dass das nicht funktioniert. Und seine Strategie ist jetzt auf Langfristigkeit angelegt.“ Das bedeute: „Wir müssen auch die Ukraine so unterstützen, dass wir einen langen Atem haben.“
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat der Ukraine umfangreiche Hilfen beim Wiederaufbau zugesichert. „Wir haben nicht nur eine moralische Verantwortung, sondern auch ein strategisches Interesse, beim Wiederaufbau der Ukraine eine führende Rolle zu übernehmen“, sagte sie in einer am Dienstag auf einer CDU-Veranstaltung ausgestrahlten Videoaufzeichung.
Die Europäische Kommission habe gemeinsam mit der Ukraine eine Plattform für den Wiederaufbau vorgeschlagen. Ziel sei es, Länder, Institutionen und den Privatsektor zusammenzubringen. „Unser Platz ist an der Seite der Ukraine. Wir wollen, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt“, sagte von der Leyen.

Gazprom stellt Gaslieferungen zu dänischem Konzern und Shell ein
Der russische Staatskonzern Gazprom wird den dänischen Versorger Ørsted und Shell Energy Europe ab morgen nicht mehr mit Gas beliefern. Die beiden Firmen hätten Gazprom darüber informiert, die Rechnungen nicht – wie von Moskau gefordert – in Rubel zu bezahlen, so das russische Unternehmen. Weil für den Monat April kein Geld geflossen sei, würden nun die Lieferungen eingestellt.
Ørsted sei aber zur Zahlung in Rubel vertraglich nicht verpflichtet und wollte dementsprechend weiter in Euro zahlen, so der Versorger. Laut Konzernchef Mads Nipper unterstreicht die Situation die Notwendigkeit, dass die EU durch den beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien unabhängig von russischem Gas werde. Die Energieversorgung in Dänemark sei trotzdem gesichert.
Im Gas-Streit zwischen Russland und Europa wurde nach Bulgarien, Polen und Finnland am Dienstag auch die Niederlande von russischem Gas abgeschnitten. Der niederländische Gashändler Gasterra habe laut dem russischen Energieriesen Gazprom seine Zahlungen für April nicht in Rubel geleistet, weshalb die Lieferungen gestoppt worden seien.
Mit der Weigerung der Zahlung von Gaslieferungen in Rubel folgt Gasterra Absprachen in der EU, durch die das Unterlaufen der westlichen Sanktionen durch Russland verhindert werden soll. Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben benötigtes Gas bei anderen Anbietern geordert. Der russische Lieferstopp stelle noch keine Bedrohung der Versorgungslage dar, sagte Pieter ten Bruggencate, Sprecher des niederländischen Wirtschaftsministeriums.

Afrikanische Union alarmiert von Exportblockade in der Ukraine
Die Afrikanische Union hat sich angesichts der russischen Blockade ukrainischer Schwarzmeerhäfen alarmiert gezeigt. Der AU-Vorsitzende Macky Sall sagte am Dienstag in Brüssel, die Blockade ebne den Weg in ein Katastrophenszenario mit Engpässen und Preiserhöhungen in ganz Afrika. In einer Rede vor den Staats- und Regierungschefs der EU sagte Sall, der Präsident des Senegals ist, ein Stopp der Getreide- und Düngemittelausfuhren über das Schwarze Meer sei besorgniserregend für einen Kontinent mit 282 Millionen unterernährten Menschen. Der Preis für Düngemittel in Afrika habe sich im Vergleich zu 2021 bereits verdreifacht.
„Einigen Schätzungen zufolge werden die Getreideerträge in Afrika in diesem Jahr um 20 bis 50 Prozent zurückgehen“, sagte Sall. „Wir möchten, dass alles getan wird, um die verfügbaren Getreidevorräte freizusetzen und den Transport und den Marktzugang sicherzustellen.“

Quelle: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ukraine-russland-konflikt-blog-100.html