Local residents sit in a courtyard near a block of flats heavily damaged during the Ukraine-Russia conflict, in the southern port city of Mariupol, Ukraine May 20, 2022. REUTERS/Alexander Ermochenko

Die russische Armee meldet weitere Erfolge bei ihrem Vormarsch, der ukrainische Präsident Selenskyj bezeichnet die Lage im gesamten Donbass als sehr schwierig. Der russische Präsident Wladimir Putin hat Deutschland und Frankreich vor weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine gewarnt. In einem Telefongespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Präsident Emmanuel Macron sagte der Kreml-Chef am Samstag nach russischen Angaben, weitere Waffenlieferungen seien „gefährlich“. Dadurch bestehe das Risiko, dass sich in der Ukraine „die Situation weiter destabilisiert und die humanitäre Krise verschärft“. Auch der russische Außenminister Sergej Lawrow hat westliche Staaten vor der Lieferung weitreichender Raketen an die Ukraine gewarnt. Geschosse, mit denen die Ukraine Russland erreichen könne, wären der bislang „gravierendste Schritt hin zu einer inakzeptablen Eskalation“, sagte Lawrow am Freitag in einem Interview mit der arabisch-sprachigen Ausgabe des staatlichen Fernsehsenders RT. Die ukrainische Regierung hat angesichts des Vormarschs russischer Kräfte im Osten des Landes die Lieferung schwerer Waffen gefordert. „Ohne Geschütze, ohne Mehrfachraketenwerfersysteme werden wir nicht in der Lage sein, sie zurückzudrängen“, sagte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba. Medienberichten zufolge möchte die Ukraine das sogenannte Himars-System mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern bekommen.

Ukrainisches Militär räumt Rückschlag in wichtiger Stadt Lyman ein
Das ukrainische Militär hat einen Rückschlag im Kampf um die strategisch wichtige Stadt Lyman im Donbass eingeräumt. Der Feind „versucht sich im Raum Lyman festzusetzen“, und beschieße bereits Ortschaften außerhalb der Stadt, heißt es im Lagebericht des ukrainischen Generalstabs am Samstag. Am Vortag hatte der Generalstab noch von Kämpfen in Lyman berichtet und mitgeteilt, die russischen Truppen versuchten, die ukrainischen Verteidiger aus der Stadt zu drängen. Die prorussischen Separatisten hatten am Freitag die Eroberung Lymans gemeldet. Die Stadt liegt strategisch wichtig an einer Kreuzung, von wo aus sowohl der Ballungsraum um die Großstädte Sjewjerodonezk und Lyssytschansk als auch der Ballungsraum um Slowjansk und Kramatorsk attackiert werden kann.

Cherson schließt Grenze zu ukrainisch kontrolliertem Gebiet
Das von russischen Truppen besetzte Gebiet Cherson im Süden der Ukraine hat die Grenze Richtung Norden für Flüchtlinge geschlossen. „Der Grenzübergang in Richtung der Gebiete Mykolajiw und Dnipropetrowsk ist angesichts des systematischen Beschusses vonseiten ukrainischer Kämpfer sehr gefährlich“, erklärte der Vizechef der prorussischen Militärverwaltung, Kirill Stremoussow zur Begründung der Entscheidung. Ausreisen aus dem Gebiet Cherson seien stattdessen über die Halbinsel Krim oder den russisch kontrollierten Teil des Gebiets Saporischschja möglich.
Die neue Verwaltung hat zahlreiche Initiativen unternommen, das Gebiet Cherson von der Ukraine abzuschneiden und an Russland anzubinden. So wurde die russische Landeswährung Rubel eingeführt, die Administration hat die Ausgabe russischer Pässe gefordert und den Eintritt des Gebiets in die Russische Föderation – selbst ohne vorheriges Referendum. Auf die letzte Initiative reagierte selbst Moskau zurückhaltend. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte, die Menschen in der Region müssten selbst über ihr Schicksal entscheiden.

Die Ukraine hat Russland erneut mit Nachdruck widersprochen, dass westliche Strafmaßnahmen gegen Moskau der Grund für die aktuelle mangelnde Lebensmittelsicherheit in der Welt seien. „Sanktionen gegen Russland haben nichts mit der sich abzeichnenden globalen Nahrungsmittelkrise zu tun“, teilte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba am Samstag per Twitter mit.
„Der einzige Grund für Engpässe, steigende Preise und drohenden Hunger ist, dass das russische Militär 22 Millionen Tonnen ukrainischer Lebensmittelexporte in unseren Seehäfen physisch blockiert“, betonte Kuleba. Der Westen müsse Russland mit Druck dazu bringen, die Blockade zu beenden.

Selenskyj: Können nicht gesamtes Staatsgebiet mit Gewalt zurückholen
Die Ukraine wird Präsident Wolodymyr Selenskyj zufolge das von Russland in den vergangenen Jahren eingenommene Staatsgebiet nicht komplett mit Gewalt zurückholen können.
„Ich glaube nicht, dass wir unser gesamtes Territorium mit militärischen Mitteln zurückgewinnen können“, sagt er in einem Interview, das sein Büro in voller Länge ins Internet stellt. Bei einem solchen Vorgehen würden Hunderttausende Menschen getötet. Das Interview wurde zuerst am Freitag im niederländischen Fernsehen gesendet.

Russland meldet erneuten Test von Hyperschallrakete Zircon
Die russische Marine hat am Samstag einen weiteren Test der Hyperschallrakete Zircon durchgeführt. Es handelte sich vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs um eine Demonstration der Fähigkeit des russischen Militärs, Ziele in großer Entfernung zu treffen. Der russische Präsident Wladimir Putin hat erklärt, die Zircon sei in der Lage, neunfache Schallgeschwindigkeit zu erreichen, bei einer Reichweite von 1.000 Kilometern. Putin hat betont, das Waffensystem werde die Fähigkeiten des russischen Militärs signifikant steigern. Vertreter Russlands haben behauptet, es sei unmöglich, die Zircon mit bestehenden Raketenabwehrsystemen abzufangen. Putin, der den Westen vor einer Einmischung in der Ukraine gewarnt hat, hat in der Vergangenheit auch davor gewarnt, dass mit der Zircon ausgestattete russische Kriegsschiffe Russland in die Lage versetzen könnten, „Entscheidungszentren“ innerhalb von Minuten anzugreifen.

Manfred Weber: Gesamte Freiheit steht bei Krieg auf dem Spiel
Für den Europapolitiker Manfred Weber (CSU) steht beim russischen Angriff auf die Ukraine das gesamte freiheitliche und demokratische Lebensmodell auf dem Spiel. „Es geht um unser auf christlichen Werten gründendes Lebensmodell“, sagte der Fraktionsvorsitzende EVP im Europaparlament am Samstag beim Katholikentag in Stuttgart.
„Es ist kein regionaler Krieg, sondern es ist unser Krieg, nicht weil wir direkte Kriegspartei wären, was wir unbedingt verhindern müssen. Aber es ist unser Krieg, weil die universalen Werte in Gefahr sind“, betonte Weber. „Autokraten wie Putin dürfen nicht gewinnen.“

Militärexperte Masala: Nato hat Russland nicht eingekreist
Der Politologe und Militärexperte Carlo Masala ist auf dem Katholikentag in Stuttgart der These entgegengetreten, die Nato habe Russland eingekreist und den Ukraine-Krieg dadurch mitverschuldet. Es gebe nur drei Nato-Staaten mit einer gemeinsamen Grenze zu Russland, nämlich die baltischen Staaten, sagte Masala am Samstag in einer Podiumsdiskussion. „Ich glaube, da kann man nicht von einkreisen sprechen.“
Die Nato habe außerdem 1997 in der Nato-Russland-Grundakte versprochen, auf dem Gebiet ihrer neuen Mitglieder keine Nuklearwaffen zu stationieren, keine Hauptquartiere und keine substanziellen Kampfverbände. „Die Nato hat sich bis 2022 daran gehalten“, sagte Masala. Selbst nach der Annexion der Krim 2014 habe man penibel darauf geachtet, nicht dagegen zu verstoßen. „Der Nato kann man sicherlich viele Vorwürfe machen, was sie in den letzten 30 Jahren falsch gemacht hat, aber man kann ihr nicht diese Vorwürfe machen, die ihr Russland macht“, sagte Masala.

Christlich-orthodoxe Kirche der Ukraine kappt Verbindungen nach Moskau
Eine der christlich-orthodoxen Kirchen der Ukraine hat angekündigt, ihre seit Jahrhunderten bestehende Verbindung nach Russland zu kappen. Die ukrainisch-orthodoxe Kirche Moskauer Patriarchat erklärte am Freitag infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ihre „vollständige Unabhängigkeit“ von geistlichen Autoritäten in Russland.
In der Ukraine gibt es mehrere Kirchen orthodoxer Christen: Dazu gehören die ukrainisch-orthodoxe Kirche Moskauer Patriarchat und die 2018 entstandene orthodoxe Kirche der Ukraine. Die Kirche Moskauer Patriarchat war bisher Patriarch Kirill, dem Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, unterstellt. Kirill steht treu zu Kreml-Chef Wladimir Putin und unterstützt Moskaus militärische Einsätze im Ausland.

Quelle: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ukraine-russland-konflikt-blog-100.html