
Die Ukraine und Russland haben die Verhandlungen zur Beendigung des Krieges vorerst ausgesetzt. Die Ukraine wendet sich dabei vor allem gegen einen Diktatfrieden vonseiten Russlands. Eine gesichtswahrende Lösung für Kremlchef Wladimir Putin lehne Kiew ab, sagte der ukrainische Unterhändler Mychajlo Podoljak. Nur eine vollständige Befreiung aller besetzten Territorien sei akzeptabel.
Zuvor hatte bereits Russland das vorläufige Ende von Gesprächen bestätigt. „Nein, die Verhandlungen werden nicht fortgesetzt. Die Ukraine ist praktisch aus dem Verhandlungsprozess ausgetreten“, sagte der russische Vize-Außenminister Andrej Rudenko vor Journalisten in Nischni Nowgorod.
Ukraine meldet schwere Gefechte um Sjewjerodonezk
Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben russische Truppen vor der Großstadt Sjewjerodonezk im Osten des Landes zurückgeworfen. „Nahe der Ortschaft Syrotyne haben die russischen Eroberer Verluste erlitten und sich zurückgezogen“, teilte der Generalstab heute in seinem Lagebericht mit. Syrotyne liegt vier Kilometer südlich von Sjewjerodonezk. Auch in mehreren anderen Richtungen seien die russischen Truppen erfolglos geblieben.
Auch der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, berichtete aus der Umgebung der Großstadt von schweren Gefechten. In den Vororten Girske und Solotoje seien mehrere Häuser durch Artilleriegeschosse zerstört worden. Die Russen hätten sich aber auch dort zurückziehen müssen. „Die Verluste des Feindes sind hoch“, schrieb Hajdaj auf seinem Telegram-Kanal. Von unabhängiger Seite waren die Angaben nicht zu überprüfen.
Kreml: Westen führt „Krieg“ gegen Russland
Der Kreml hat dem Westen vorgeworfen, gegen Russland einen Krieg zu führen. „Es sind Feindstaaten. Weil das, was sie tun, Krieg ist“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow heute bei einem Auftritt auf einer Bildungskonferenz bei Moskau. Präsident Wladimir Putin hatte zuvor schon mit Blick auf die westlichen Sanktionen von einem wirtschaftlichen „Blitzkrieg“ gesprochen. Der eigene Angriffskrieg auf die Ukraine, der inzwischen fast drei Monate dauert, wird von der russischen Führung nur „militärische Spezialoperation“ genannt.
Peskow sagte, der Westen führe einen diplomatischen, wirtschaftlichen und politischen Krieg gegen sein Land. „Faktisch erleben wir jetzt einen perfekten Sturm und den Moment der Wahrheit.“ Russland müsse zeigen, dass es in der Lage sei, seine Interessen zu schützen. „Aber jeder Krieg endet mit einem Frieden. Und dieser Frieden wird so gestaltet sein, dass unsere Stimme zu hören ist, wo wir bequem und sicher sind und fest auf unseren Beinen stehen.“
Schweden und Finnland wollen Nato-Beitritt am Mittwoch offiziell beantragen
Schweden und Finnland haben sich für einen Nato-Beitritt entschieden. Russland bezeichnet das als Bedrohung seiner Sicherheit. Der russische Außenminister Sergej Lawrow sieht keinen großen Unterschied, sollten Schweden und Finnland der Nato beitreten. Die beiden Länder, wie auch andere neutrale Staaten, hätten bereits seit Jahren an Nato-Manövern teilgenommen, sagt Lawrow. „Die Nato kalkuliert ihr Territorium bei der Planung militärischer Vorstöße nach Osten mit ein. In diesem Sinne gibt es also wahrscheinlich keinen großen Unterschied. Mal sehen, wie ihr Territorium in der Praxis im Nordatlantikbündnis genutzt wird.“ Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich optimistisch gezeigt, dass die Türkei einen Nato-Beitritt Schwedens und Finnlands nicht blockieren wird. Er sei sehr zuversichtlich, dass beide Länder rasch aufgenommen werden könnten, sagte Scholz am Dienstag in Berlin. Er verwies dabei auf „sehr viele konstruktive Beiträge“ Ankaras in der aktuellen Konfliktsituation. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Montag bekräftigt, sein Land werde zu einem Nato-Beitritt der beiden Länder „nicht Ja sagen“. Ankara beschuldigt Finnland und Schweden seit langem, kurdische Extremistengruppen sowie Anhänger des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen zu beherbergen.
USA testen neue Hyperschallwaffe
Die USA haben eine neue Hyperschallwaffe getestet, die mit fünffacher Schallgeschwindigkeit fliegen und präzise Angriffe ermöglichen soll. Der Versuch der luftgestützten Waffe vom Typ AGM-183A Rapid Response Weapon (ARRW) fand vor der amerikanischen Westküste im Süden Kaliforniens statt, wie die US-Luftwaffe mitteilte. „Wir tun alles, was wir können, um diese bahnbrechende Waffe so schnell wie möglich für den Kampfeinsatz bereitzustellen“, hieß es in der Mitteilung.
Die neue Waffe solle die Streitkräfte in die Lage versetzen, eigene Stellungen in umkämpften Gebieten auch aus der Ferne zu halten. Außerdem erweitere sie die Fähigkeiten für Präzisionsschläge. Dazu brachte ein Langstreckenbomber vom Typ Boeing B-52H die Hyperschallwaffe am vergangenen Samstag in die Luft und setzte sie dann aus. Die Luftwaffe sprach von einem Test, der „Geschichte gemacht“ habe. Russland hat im Zuge seines Angriffskriegs auf die Ukraine eigenen Angaben zufolge bereits einige Male die Hyperschall-Rakete „Kinschal“ eingesetzt. Die acht Meter langen Raketen können extrem schnell und hoch fliegen. Sie sind daher nur sehr schwer abzufangen.
Deutsche „Schienenbrücke“ hilft bei Getreideausfuhren aus Ukraine
Zur Unterstützung von Getreideausfuhren aus der Ukraine haben nach Angaben von Bundesverkehrsminister Volker Wissing Transporte auf der Schiene mit Hilfe der Deutschen Bahn begonnen. Die Gütertochter DB Cargo sei dabei, eine „Schienenbrücke“ dahingehend zu befähigen, künftig große Mengen an Agrarprodukten zu Häfen an der Nordsee und der Adria zu transportieren, sagte der FDP-Politiker am Dienstag in Berlin. Bahnchef Richard Lutz sprach von zwei bis drei Zügen pro Tag aus der Ukraine heraus über Polen und entsprechende Terminals nach Westeuropa.
Hintergrund ist, dass der Export von Getreide über die Seehäfen der Ukraine wegen des russischen Krieges gegen das Land zum Erliegen gekommen ist. Dies bedroht Lieferungen vor allem nach Nordafrika und Asien, befürchtet werden Probleme bei der Lebensmittelversorgung. Polen lockert die Grenzkontrollen, um der Ukraine höhere Getreide-Exporte zu ermöglichen. Es solle auch das dafür zuständige Personal aufgestockt werden, teilt das ukrainische Landwirtschaftsministerium mit. Zuvor hatten die beiden Länder eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet. Da die Häfen der Ukraine am Schwarzen Meer von Russland blockiert werden, muss das Getreide über die westlichen Grenzen außer Landes gebracht werden. Die Ukraine gehört zu den weltweit größten Getreidelieferanten.
Finnland lehnt Rubelzahlung für russisches Gas ab
Der staatliche finnische Energiekonzern Gasum geht im Streit um die von Russland für Gaslieferungen geforderte Zahlung in Rubel auf Konfrontationskurs zum russischen Gasriesen Gazprom. Gasum teilte nun mit, die Forderung nach einer Abwicklung in Rubel nicht zu akzeptieren. Daher bestehe die Gefahr, dass Russland seine Lieferungen einstelle. Russland hat wegen der Ablehnung seiner Rubelforderung Polen und Bulgarien den Gashahn bereits abgedreht. Gasum werde alles dafür tun, dass die Versorgung Finnlands gesichert sei, sagte Vorstandschef Mika Wiljanen. Russland hatte von als unfreundlich bezeichneten Ländern für Gaslieferungen eine Zahlung in Rubel verlangt und damit Sorgen vor einem Lieferstopp geschürt. Die EU hatte eine Zahlung in Rubel abgelehnt.
Liechtenstein: Hunderte Millionen eingefroren
Liechtenstein hat nach Angaben von Ministerpräsident Daniel Risch im Zusammenhang mit Russland-Sanktionen bereits Vermögen im Umfang von rund 260 Millionen Schweizer Franken eingefroren. Bei Vermögenswerten, die sich nicht in Liechtenstein befinden, arbeite man mit westlichen Partnern sehr eng zusammen. Kanzler Olaf Scholz lobt, dass Liechtenstein die EU-Sanktionen übernommen habe und selbst umsetzen.
Quelle: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ukraine-russland-konflikt-blog-100.html