Russian Tigr-M (Tiger) all-terrain infantry mobility vehicles and Yars intercontinental ballistic missile systems drive in Red Square during a military parade on Victory Day, which marks the 77th anniversary of the victory over Nazi Germany in World War Two, in central Moscow, Russia May 9, 2022. REUTERS/Maxim Shemetov

Der russische Präsident Wladimir Putin hat bei der großen Militärparade in Moskau den Einmarsch in die Ukraine verteidigt. „Es gab in dieser Rede keine Zeichen von Deeskalation“, so Sicherheitsexpertin Claudia Major (SWP). Präsident Putin versprach Familien gefallener Soldaten Hilfe und erinnerte an das Erbe des Sieges gegen Nazi-Deutschland. Der Kreml-Chef verwies außerdem darauf, dass man die Armeen aller Länder achte, die beim Sieg gegen die Deutschen im Zweiten Weltkrieg beteiligt waren. Klar wurde hingegen auch, dass Putin bei seinem Narrativ bleibt, Russland in den heutigen Zeiten gegen den Westen verteidigen zu müssen. So spricht er von dem Krieg in der Ukraine nicht als Angriff Russlands auf einen souveränen Staat, sondern von einem „Präventivschlag“. Die Streitkräfte im Donbass kämpften für die Sicherheit Russlands. Man sehe sich von der Nato bedroht. Russland scheine sich auf den Donbass zu konzentrieren, so Osteuropa-Expertin Julia Friedrich. „Putin fährt weiterhin diese Linie, dass das Ziel der sogenannten Spezialoperation eben der Donbass ist und nicht mehr die gesamte Ukraine.“ Das könne man als Zeichen werten, dass er zumindest den 9. Mai nicht dazu nutze, die Kriegsziele zu erweitern. Für die Parade wurde mehrere Tage geprobt, jede Bewegung durchorchestriert. Trotzdem verlief am Montag nicht alles nach Plan. Die Kampfflieger, die eigentlich über Moskau ein Z – das offizielle Symbol für Russlands Militäreinsatz in der Ukraine – formen sollten, waren nicht zu sehen. Grund dafür seien Probleme mit dem Wetter gewesen, hieß es.

„Ideologische Kapitulation“
Zur gleichen Einschätzung wie Friedrich kommt auch ZDF-Reporterin Katrin Eigendorf. Putin sei „deutlich unter den Eskalationsleveln, mit denen man gerechnet hat“, geblieben. Dass sein Krieg sich auch gegen den Westen richte, zeige sich auch dadurch, dass die Änderung des Verhältnisses zwischen der Ukraine und Russland ab 2014 ihren Lauf nahm – mit den Maidan-Aufständen. Russland sehe die Ukraine mittlerweile als Stellvertreter für westliche Werte und der Nato.

Russland berichtet von neuen Angriffen auf Ukraine
Kurz nach der Rede von Kremlchef Wladimir Putin auf dem Roten Platz in Moskau hat Russlands Verteidigungsministerium über mehr als 200 Angriffe auf die Ukraine in den vergangenen Stunden berichtet. Mit Raketen und Artillerie seien unter anderem Kommandoposten und Lager mit militärischer Ausrüstung beschossen worden, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow. Bei den Angriffen seien insgesamt 350 ukrainische Soldaten getötet worden, sagte er weiter. Diese Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.
Konaschenkow sprach darüber hinaus von der Zerstörung eines Flugabwehrraketensystems vom Typ S-300 im ostukrainischen Gebiet Charkiw. Die Schwarzmeer-Region Odessa sei mit Raketen beschossen worden. Russland hat am Montag den 77. Jahrestag des Sieges der Sowjetunion über Hitler-Deutschland im Jahr 1945 gefeiert.

Eigentlich sollte es bei der Moskauer Militärparade eine Flugshow geben – sie wurde wie in anderen Landesteilen abgesagt. Wegen des Wetters, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der staatlichen Nachrichtenagentur Tass. ZDF-Korrespondentin Katrin Eigendorf twittert: „Spekulation: hat Moskau nicht mehr genug Flugzeuge um eine Siegesfeier durchzuführen?“. Die Rede Wladimir Putins bei der großen Militärparade anlässlich des Sieges über Nazi-Deutschland hat in den Augen von ZDF-Korrespondentin Katrin Eigendorf gezeigt: „es geht in diesem Krieg nicht alleine um die Ukraine“. Der wahre Gegner sei die westliche Welt – Nato und USA an erster Stelle. „Es ist das rhetorische Aufbäumen eines gescheiterten totalitären Regimes“, twittert sie in Kiew.

Litauischer Außenminister fordert Sturz Putins
Der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis hat den Sturz des russischen Staatschefs Wladimir Putin gefordert. Solange die derzeitige Regierung in Russland an der Macht sei, seien die Nachbarländer in Gefahr, sagte Landsbergis in einem Interview der Nachrichtenagentur AP. Das gelte für die gesamte Regierung, nicht nur Putin. Selbst diejenigen, die nach dem russischen Krieg in Georgien 2008 und dem Beginn des Kriegs in der Ostukraine 2014 daran gezweifelt hätten, dass Russland „ein aggressives Land“ sei, wüssten jetzt, dass es so sei.

Nato hält Beitritt Finnlands und Schwedens im Eiltempo für möglich
Sollten sich Schweden und Finnland für einen Antrag auf Nato-Mitgliedschaft entscheiden, dürfte das Zustimmungsverfahren innerhalb weniger Wochen abgeschlossen sein. Das machte ein Mitarbeiter der Nato in Brüssel deutlich. Vom Antrag bis zur Unterzeichnung der Beitrittsprotokolle könnte es seinen Angaben zufolge lediglich etwa zwei Wochen dauern. Für die Beitrittsverhandlungen an sich braucht es demnach pro Land vermutlich nur etwa einen Tag.
Finnland und Schweden sind jeweils enge Nato-Partner, bislang jedoch keine Mitglieder des Militärbündnisses. Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine haben sich erstmals Mehrheiten in Umfragen für eine Nato-Mitgliedschaft ihrer jeweiligen Länder ausgesprochen.

UN-Menschenrechtsrat hält Sondersitzung zu Ukraine-Krieg ab
Der UN-Menschenrechtsrat hält auf Antrag Kiews am Donnerstag eine Sondersitzung zur Lage der Menschenrechte in der Ukraine ab. Unterstützt wurde der Antrag von mehr als 50 weiteren Staaten, wie Jewhenija Filipenko, ukrainische Botschafterin bei der UNO, auf Twitter mitteilte. Bei der Sitzung solle „die Verschlechterung der Menschenrechtslage in der Ukraine untersucht werden“.
„Wir wollen, dass die UNO konkrete Maßnahmen gegen Russlands Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine und die Kriegsverbrechen, die es täglich an unserer Bevölkerung begeht, ergreift“, forderte die ukrainische Botschafterin. Dazu zähle eine Untersuchung des russischen Vorgehens im ukrainischen Butscha. Auch die Lage in Mariupol sollte laut Filipenko dabei in den Blick genommen werden.

London warnt vor noch größerer Zerstörung im Ukraine-Krieg
Das britische Militär hat angesichts knapper werdender Vorräte Russlands an präzisionsgelenkter Munition vor noch größeren Zerstörungen im Krieg in der Ukraine gewarnt. Dass Russland diese Munition ausgehe, bedeute, dass sich Moskau zunehmend ungenaueren Raketen und Bomben zuwenden werde, die zu noch weitreichenderer Zerstörung führen könnten, hieß es in einem geheimdienstlichen Lagebild, das das britische Verteidigungsministerium bei Twitter veröffentlichte.
„Da der Konflikt über die russischen Vorkriegserwartungen hinaus andauert, ist Russlands Vorrat an präzisionsgelenkter Munition wahrscheinlich stark erschöpft“, hieß es. Dies führe zum Einsatz verfügbarer, aber alternder Munition, die weniger verlässlich und weniger akkurat sei und leichter abgefangen werden könne. Die Briten fügten hinzu, dass Russland „wahrscheinlich Schwierigkeiten haben wird, die bereits verbrauchten Präzisionswaffen zu ersetzen“.

Quelle: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ukraine-russland-konflikt-blog-100.html