
Quelle: Gleb Garanich/Reuters
Nach dem Angriff auf den Bahnhof der ostukrainischen Stadt Kramatorsk mit Dutzenden Toten haben am Samstag zahlreiche weitere Menschen versucht, die Region zu verlassen. Die ukrainische Regierung teilte mit, es seien zehn Evakuierungskorridore eingerichtet worden. Wie vielen Menschen am Samstag über diesen Weg die Flucht gelang, blieb zunächst unklar.
Nach dem Russland zugeschriebenen Raketenangriff auf einen Bahnhof im Osten der Ukraine mit Dutzenden Toten untermauern die Behörden ihre Warnung vor einem größer angelegten russischen Angriff in der Region. „Sie ziehen Truppen zusammen für eine Offensive und der Beschuss hat in den vergangenen Tagen zugenommen“, sagte der Gouverneur von Luhansk, Serhiy Gaidai, in einer TV-Ansprache am Samstag. Er forderte die Zivilbevölkerung erneut dazu auf, die Region zu verlassen. Noch immer hielten sich etwa 30 Prozent der Bewohner in Städten und Dörfern in Luhansk auf, obwohl bereits zur Evakuierung aufgerufen worden sei.
Durch den russischen Angriffskrieg sind offiziellen Angaben zufolge mehr als 300 ukrainische Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen beschädigt worden. „21 Krankenhäuser wurden komplett zerstört“, sagte Gesundheitsminister Viktor Ljaschko am Samstag im ukrainischen Fernsehen. Diese müssten nun komplett neu aufgebaut werden. Patienten aus den umkämpften Gebieten im Osten seien in zentrale und westliche Regionen evakuiert worden. In den nach dem Abzug russischer Truppen wieder unter ukrainischer Kontrolle stehenden Gebieten bei Kiew hingegen würden medizinische Einrichtungen wieder genutzt. «In Butscha und Irpin sind die Krankenhäuser wieder in Betrieb genommen worden», sagte Ljaschko. In Borodjanka würde die Situation gerade bewertet. Die Notaufnahme funktioniere jedoch wieder.
Hilfswerk warnt vor Abstumpfung: Nicht an Krieg gewöhnen
Rund sieben Wochen nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine warnt das katholische Osteuropahilfswerk Renovabis vor einem Abstumpfungseffekt hierzulande. „Wir dürfen uns an den Krieg in der Ukraine und die Bilder von den schrecklichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht gewöhnen“, erklärte Hauptgeschäftsführer Thomas Schwartz am Wochenende in Freising bei München. In der öffentlichen Wahrnehmung gebe es „einen zunehmenden Gewöhnungseffekt“. Schwartz fügte hinzu, Woche für Woche werde deutlicher, welche katastrophalen Folgen der „menschenverachtende und sinnlos-brutale Krieg“ für die Menschen in der Ukraine, für die Flüchtenden, aber auch für die Menschen in anderen Ländern habe. Die Massaker von Borodjanka und Butscha stünden für ebenso grausames wie wahlloses Wüten und Morden. Doch auch in Russland gebe es Opfer des Krieges. Dies gelte für Mütter, Frauen und Kinder, die auch dort um Soldaten trauerten.
EU verurteilt Russlands Verbot von internationalen Organisationen
Die EU hat Russlands Verbot mehrerer parteinaher deutscher Stiftungen und internationaler Menschenrechtsorganisationen verurteilt. Die Europäische Union bedauere zutiefst die Entscheidung des russischen Justizministeriums, die Registrierung von 15 weit anerkannten Organisationen zu widerrufen, teilte der außenpolitische Sprecher der EU am Samstag mit. Nichts in den Aktivitäten der Organisationen, die sich auf den Schutz der Rechte und Freiheiten der Bürger konzentrierten, rechtfertige einen solchen Schritt. Mit dem Verbot verweigere die politische Führung Russlands der Bevölkerung weiterhin das Recht auf freie Meinungsäußerung und Gedankenfreiheit. Betroffen sind unter anderem die Konrad-Adenauer-Stiftung, die Friedrich-Ebert-Stiftung, die Heinrich-Böll-Stiftung und die Büros von Amnesty International.
Russland bestätigt neue Angriffe auf Dnipro und Poltawa
Russlands Armee hat neue Angriffe in den ukrainischen Gebieten Dnipro und Poltawa bestätigt. Unweit der südostukrainischen Stadt Dnipro sei in der Nacht zum Samstag ein Waffenlager mit Raketen beschossen worden, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow. In Myrhorod im zentralukrainischen Poltawa richtete sich ein Angriff demnach gegen einen Flugplatz. Von ukrainischer Seite hieß es, dabei seien zwei Menschen verletzt worden. Bei einer ähnlichen Attacke bei Tschornomorsk im südukrainischen Gebiet Odessa gab es laut dem Sprecher des Gebietsgouverneurs, Serhij Brattschuk, hingegen keine Opfer.
Der Gouverneur von Luhansk, Serhij Gaidai, berichtet von einem verstärkten russischen Beschuss der ostukrainischen Region. „Sie bündeln Kräfte für eine Offensive, und wir sehen, dass die Zahl der Granateneinschläge zugenommen hat.“ Es müssten mehr Siedlungen evakuiert und die Zivilbevölkerung in Sicherheit gebracht werden, sagt Gaidai im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Noch immer hielten sich 30 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner in den Orten der Region auf. Sie seien aufgerufen, das Gebiet zu verlassen.
Die russischen Streitkräfte haben nach Angaben eines führenden Vertreters des US-Verteidigungsministeriums Tausende zusätzliche Soldaten nahe der Grenze zur ukrainischen Stadt Charkiw zusammengezogen. Die Zahl der taktischen Bataillone in der Nähe der russischen Stadt Belgorod sei von 30 auf inzwischen 40 angestiegen, sagte ein ranghoher Beamter.
Er nannte keine genaue Zahl der zusätzlichen Truppen, aber solche Bataillone bestehen typischerweise aus etwa 600 bis 1.000 Soldaten. Das russische Militär ziehe seine Kräfte dort zusammen, um seinen Einsatz auf die Eroberung der ostukrainischen Region Donbass zu konzentrieren, sagt er. Die umkämpfte Metropole Charkiw liegt nahe der russischen Grenze.
Quelle: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ukraine-russland-konflikt-blog-100.html