Ein ukrainischer Soldat geht nach einer Suchaktion des ukrainische Militärs nach übrig gebliebenen russischen Truppen in den Außenbezirken von Kiew auf einer Straße und hat dabei eine Zigarette im Mund. Foto: Rodrigo Abd/AP/dpa

Der Papst beschuldigte bei seiner Ankunft in Malta den russischen Präsidenten Wladimir Putin, einen grausamen Krieg angezettelt zu haben und sprach damit seine bisher schärfste und persönlichste Anprangerung von Russlands Invasion in die Ukraine aus. Franziskus nannte Putin nicht beim Namen, aber der Bezug war klar, als er sagte, dass „irgendein Potentat“ die Bedrohung durch einen Atomkrieg auf die Welt losgelassen habe, in einer „infantilen und zerstörerischen Aggression“ unter dem Deckmantel „anachronistischer Ansprüche nationalistischer Interessen“. Franziskus hat es bisher vermieden, Russland oder Putin beim Namen zu nennen. Die Personalisierung des Verantwortlichen am Samstag markierte eine neue Stufe der Empörung für den Papst. Papst Franziskus erwägt eine Reise in die Ukraine. Auf dem Flug nach Malta fragte ihn ein mitreisender Journalist, ob er die Einladung für einen Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew in Betracht ziehe. „Ja, das liegt auf dem Tisch“, antwortete das 85-jährige Oberhaupt der katholischen Kirche.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko hatten den Argentinier bereits eingeladen, in das Kriegsland zu kommen. Papst Franziskus verurteilte in zahlreichen öffentlichen Auftritten den Krieg in der Ukraine und schickte Vertreter der katholischen Kirche aus dem Vatikan dorthin.

Raumfahrt und ISS: Moskau droht mit Ende der Kooperation
Moskau hat mit einem Ende der Zusammenarbeit auf der Internationalen Raumstation ISS gedroht, sollten die USA und andere westliche Staaten nicht ihre Sanktionen gegen Russland zurücknehmen. Die Moskauer Führung werde in Kürze Fristen für ein Ende der Kooperation konkret vorschlagen, teilte der Chef der russischen
Raumfahrtbehörde, Dmitri Rogosin, über Telegram mit. Die Schreiben würden dann den Raumfahrtbehörden der USA, Kanadas, Japans und der Europäischen Union zugestellt. Diese hatten die Sanktionen nach Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine erlassen.

Die ukrainische Regierung beobachtet nach eigenen Angaben einen „schnellen Rückzug“ der russischen Streitkräfte im Norden des Landes. Die Angreifer würden in den Regionen von Kiew und Tschernihiw zurückfallen, sagte Michailo Podoljak, ein Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj. Moskaus Ziel sei dabei offensichtlich: Es wolle seine Truppen „nach Osten und Süden zurückziehen und dort die Kontrolle über große besetzte Gebiete behalten“. Die russische Seite hatte zu Beginn der Woche nach Gesprächen in Istanbul zugesagt, ihre Angriffe auf Kiew und Tschernihiw zu verringern, und dies als Zugeständnis in den Verhandlungen dargestellt. Ukrainische und westliche Vertreter prangerten allerdings kurz darauf ein Täuschungsmanöver an.

Die ukrainischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben die Stadt Browari zurückerobert. Der Bürgermeister der 20 Kilometer östlich von Kiew gelegenen Stadt sagte in einer Fernsehansprache, dass „die russischen Besatzer nun praktisch den gesamten Bezirk Browari verlassen haben“. Die ukrainischen Streitkräfte würden damit beginnen, die Region von den dort verbliebenen russischen Soldaten sowie von militärischem Gerät und möglicherweise von Minen zu befreien. Viele Einwohner seien bereits in die Stadt zurückgekehrt, die Geschäfte hätten wieder geöffnet.

Im Osten und Süden der Ukraine drohen nach Einschätzung des ukrainischen Präsidentenberaters Olexij Arestowytsch schwere Kämpfe. Ukrainische Truppen hätten rund um Kiew mehr als 30 Ortschaften zurückerobert und hielten den russischen Truppen im Osten stand. „Wir dürfen uns keine Illusionen machen“, sagt er im ukrainischen Fernsehen. „Es stehen im Süden, um Mariupol und im Osten noch schwere Gefechte bevor.“

Ukrainisches Verteidigungsministerium: „Gesamte Region Kiew“ unter Kontrolle
Die ukrainische Armee hat nach Regierungsangaben die Region um die Hauptstadt Kiew wieder vollständig unter ihre Kontrolle gebracht. „Irpin, Butscha, Hostomel und die gesamte Region Kiew wurden von den Invasoren befreit“, schrieb Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maliar am Samstag auf Facebook. Die russischen Truppen hatten sich bereits in den vergangenen Tagen aus den nordwestlich von Kiew gelegenen Vororten Irpin und Butscha zurückgezogen, nachdem ihr Versuch, die ukrainische Hauptstadt einzukesseln, gescheitert war. Die Vororte waren bei den wochenlangen Kämpfen zwischen der ukrainischen Armee und den russischen Truppen schwer beschädigt worden. Nach dem Rückzug der russischen Armee aus Butscha mussten dort nach Angaben von Bürgermeister Anatoly Fedoruk 280 Menschen in Massengräbern beigesetzt werden, da die drei städtischen Friedhöfe noch in Reichweite des russischen Militärs lagen. Die Straßen der Kleinstadt seien mit Leichen übersät, sagte Fedoruk der Nachrichtenagentur AFP.

Militärchef in Westukraine: Tausende kehren aus dem Ausland zurück
Trotz des Kriegs kehren Tausende Ukrainer aus dem Ausland zurück in ihre Heimat. Allein in dem Gebiet der westukrainischen Metropole Lemberg hätten innerhalb von 24 Stunden 19.000 Menschen die Grenze überquert, schreibt der örtliche Militärchef Maxim Kosyzkyj bei Facebook. Damit seien mehr Ukrainer eingereist als ausgereist (14.000).

Quelle: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ukraine-russland-konflikt-blog-100.html