Pro-Russische Panzer befahren die Außengebiete der ukrainischen Stadt Mariupol.
Quelle: reuters

Viereinhalb Wochen nach Beginn ihrer Invasion in der Ukraine verstärken russische Truppen offenbar ihre Versuche, die südostukrainische Stadt Mariupol einzunehmen. In der Nähe der eingekesselten Hafenstadt würden sie Geländegewinne erzielen, erklärte das britische Verteidigungsministerium heute. Dort würden die russischen Truppen vor allem versuchen, den Hafen einzunehmen. Der Bürgermeister von Mariupol ruft zur vollständigen Evakuierung der ukrainischen Hafenstadt auf. Es drohe eine humanitäre Katastrophe, sagt Wadym Boitschenko. Unter anderem seien 160.000 Einwohner ohne Strom. Es seien zwar Busse für eine Evakuierung bereitgestellt. Russland habe aber keine freie Passage zugesagt.

Die russischen Truppen, die die Stadt Slawutytsch in der Nähe des Kernkraftwerks Tschernobyl am Wochenende übernommen hatten, sind nach Angaben des dortigen Bürgermeisters wieder abgerückt. Die Ukraine sieht keine Anzeichen, dass sich die russischen Truppen von Kiew zurückziehen. Die russische Föderation habe ihre Pläne nicht aufgegeben, Kiew – wenn es nicht gelänge, die Hauptstadt einzunehmen – einzukesseln, sagt der Sprecher des ukrainischen Verteidigungsministeriums, Olexander Motusjanyk. „Derzeit sehen wir keine Bewegungen der feindlichen Truppen weg von Kiew.“
Russlands Sicherheitsratschef Nikolai Patruschew hat Berichte über eine angeblich geplante Auswechslung der ukrainischen Führung als Falschnachricht zurückgewiesen. „Das Ziel unserer Spezial-Operation in der Ukraine ist nicht – wie sie es im Westen darzustellen versuchen – ein Wechsel des Kiewer Regimes, sondern ein Schutz der Menschen vor einem Genozid, die Entmilitarisierung und die Entnazifizierung der Ukraine“, sagte Patruschew am Montag der Agentur Interfax zufolge.

Ukrainisches Ministerium: Kriegsschäden bei 564,9 Milliarden Dollar
Der Krieg hat nach Angaben des ukrainischen Wirtschaftsministeriums bislang Schäden im Volumen von 564,9 Milliarden Dollar verursacht. Mit eingerechnet würden unter anderem Schäden an der Infrastruktur, Verluste bei der Wirtschaftsleistung und andere Faktoren, sagt Wirtschaftsministerin Julia Svyrydenko. 8.000 Kilometer Straßen und 10 Millionen Quadratmeter Wohnfläche seien beschädigt oder zerstört.

UN-Chef zu Biden-Aussage: „Brauchen rhetorische Deeskalation“
UN-Generalsekretär António Guterres hat US-Präsident Joe Biden indirekt für dessen Bemerkung zum Machtverbleib des russischen Präsidenten Wladimir Putin kritisiert. „Ich denke, wir brauchen Deeskalation, wir brauchen militärische Deeskalation und rhetorische Deeskalation“, sagte Guterres am Montag vor Journalisten in New York. Biden hatte Putin am Samstagabend bei seiner Ansprache in Warschau einen „Diktator“ genannt. Zum Schluss seiner Rede sagte er: „Um Gottes willen, dieser Mann kann nicht an der Macht bleiben.“ Das Weiße Haus betonte danach umgehend, das sei kein Aufruf zum Sturz Putins. Am Montag dementierte auch Biden selbst noch einmal, dass er Putins Sturz gefordert habe. „Das ist eine Äußerung, die natürlich Beunruhigung auslöst“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge am Montag.

Die US-Streitkräfte verlegen angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine sechs Flugzeuge zur elektronischen Kampfführung nach Deutschland. Die sechs Boeing-Kampfflugzeuge der US-Marine vom Typ „EA-18 Growler“ würden mit rund 240 Soldaten aus den Vereinigten Staaten kommend auf den Stützpunkt Spangdahlem in Rheinland-Pfalz verlegt, erklärte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, John Kirby, am Montag. Die Kampflugzeuge sind Kirby zufolge zum Beispiel von Nutzen, um die Luftabwehr eines feindlichen Staats auszuschalten. Kirby betonte, die Maschinen sollten nicht gegen russische Truppen in der Ukraine eingesetzt werden, sondern der Stärkung der Nato-Ostflanke und der Abschreckung gegenüber Russland dienen. Die Verlegung sei mit der deutschen Bundesregierung abgestimmt.

Lübecker Theaterbesucher feiern Stings Anti-Kriegs-Lied „Russians“
Ein Theaterbesuch des britischen Sängers Sting in Lübeck ist zu einem bewegenden Appell gegen den Krieg in der Ukraine geworden. Nach dem Ende der Vorstellung am Sonntagabend kam er auf die Bühne und sang die Neufassung seiner Ballade „Russians“. Angesichts des Krieges in der Ukraine hatte er das Stück vor Kurzem in einer Unplugged-Version neu veröffentlicht. „Ich habe es 1984 im Kalten Krieg geschrieben und ich habe nie gedacht, dass es nach dem Mauerfall noch einmal relevant werden könnte“, sagte der 70-Jährige. Mit dem Anti-Kriegs-Lied hatte Sting ursprünglich gegen das Wettrüsten zwischen den USA und der damaligen Sowjetunion protestiert. „Ich hoffe, auch die Russen lieben ihre Kinder“, heißt es in dem Stück. Sting kündigte an, das Lied künftig bei allen Auftritten seiner aktuellen Tournee an den Anfang zu stellen. „Ich habe zwei Cellospieler aus der Ukraine engagiert, die das Lied als Geste der Solidarität mit mir spielen werden“, sagte er. Sting hatte eine Aufführung des Musicals „The last Ship“ besucht, für das er die Musik geschrieben hat.

Quelle: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ukraine-russland-konflikt-blog-100.html