Am Dienstag gab es mehrere Explosionen in Kiew. ©Press service of the State Emergency Service of Ukraine/Handout via REUTERS

Die russischen Bodentruppen machen in der Ukraine nach Einschätzung der US-Regierung weiter kaum Fortschritte. Die Hauptstadt Kiew werde weiter aus großer Entfernung bombardiert, sagte ein hoher US-Verteidigungsbeamter am Dienstag. Immer öfter würden zivile Ziele wie Wohngebiete getroffen. Das russische Militär sei aber nicht nennenswert näher an die Stadt herangerückt. Schätzungen nach seien die russischen Truppen im Nordwesten etwa 15 bis 20 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt, im Osten seien es zwischen 20 und 30 Kilometer.

Die nordukrainische Stadt Tschernihiw und die Stadt Mariupol am Asowschen Meer seien weiter isoliert. Aktuell sehe man keine unmittelbare Bewegung vom Meer aus in Richtung der wichtigen südwestukrainischen Hafenstadt Odessa.

Aus der belagerten ukrainischen Hafenstadt Mariupol ist Angaben aus Kiew zufolge 20.000 weiteren Zivilisten die Flucht gelungen. Insgesamt 4.000 Privatautos hätten die Stadt am Dienstag verlassen können, schrieb der Vizechef des Präsidentenbüros, Kyrylo Tymoschenko, am Abend auf Telegram.

Davon seien 570 Fahrzeuge bereits in der mehr als 200 Kilometer nordwestlich gelegenen Stadt Saporischschja angekommen, hieß es. Mariupol wird ukrainischen Angaben zufolge beständig aus mehreren Richtungen mit Artillerie und Kampfflugzeugen angegriffen. In Mariupol sind nach Angaben örtlicher Behörden bisher mehr als 2.000 Zivilisten getötet worden.

Der ukrainische Regierungschef Denys Schmyhal hat den Mut seiner Kollegen aus Polen, Tschechien und Slowenien gelobt, die mit dem Zug nach Kiew gereist sind. „Der Mut der wahren Freunde der Ukraine“, schrieb Schmyhal am Dienstagabend bei Twitter. Man sei dabei, die Unterstützung für die Ukraine und eine weitere Verschärfung der Sanktionen gegen Russland zu diskutieren.

Der Zug mit Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki, seinem Stellvertreter Jaroslaw Kaczynski sowie Tschechiens Regierungschef Petr Fiala und seinem slowenischen Kollegen Janez Jansa war am Abend in Kiew eingetroffen. Auch ein Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ist beabsichtigt.

Orban: Ungarn sollte sich aus Ukraine-Krieg raushalten
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban will mit dem Ukraine-Krieg nichts zu tun haben. „Aus diesem Krieg müssen wir uns heraushalten“, sagte er am Dienstag vor zehntausenden Anhängern seiner rechtsnationalen Fidesz-Partei in Budapest. „Die Kriege werden nicht für uns und nicht in unserem Interesse geführt“, erklärte er. Ungarn sei nur eine Figur auf dem Schachbrett der Großmächte. „Mal will uns der eine, mal der andere an die Front schieben. Wenn es ihre Ziele erfordern, opfern sie uns auf.“

Kiew: Verhandlungen mit Moskau werden „konstruktiver“
Die ukrainische Regierung sieht offenbar Fortschritte bei den Verhandlungen mit Russland. Die Gespräche seien „konstruktiver“ geworden, sagte der ukrainische Präsidentenberater Ihor Showkwa am Dienstag der Agentur Unian zufolge.

„In den ersten Runden war Russland nicht bereit, unsere Position anzuhören, sondern hat Ultimaten gestellt: dass die Ukraine sich ergibt, die Waffen niederlegt, dass unser Präsident eine Kapitulation unterzeichnet“, sagte Showkwa. Nun spreche Russland in einem „etwas anderen Ton“.

EU setzt neue Russland-Sanktionen in Kraft
Die Europäische Union hat am Dienstagabend ihr viertes großes Paket mit Russland-Sanktionen in Kraft gesetzt. Es umfasst unter anderem:

eine Ausfuhrsperre für Luxusgüter nach Russland (neben Kunstwerken und teuren Uhren auch Autos im Wert von mehr als 50.000 Euro betroffen)
Einfuhrbeschränkungen für bestimmte Produkte der russischen Eisen- und Stahlindustrie
umfassendes Verbot neuer Investitionen in den russischen Energiesektor
Wegfall handelspolitischer Vergünstigungen für Russland
Auch Multimilliardär Roman Abramowitsch jetzt auf Liste von Personen, gegen die EU-Strafmaßnahmen gelten. Der Import von der Gas-, Öl- und Kohle aus Russland bleibt jedoch weiter möglich, weil Länder wie Deutschland die Energieversorgung der EU ohne die Lieferungen für nicht gesichert halten.

Quelle: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ukraine-russland-konflikt-blog-100.html