
Foto: Emilio Morenatti/AP
In der von der russischen Armee belagerten Hafenstadt Mariupol im Südosten der Ukraine ist nach russischen Angaben am Samstag ein neuer Anlauf zur Evakuierung von Zivilisten gescheitert. 50 Busse hätten wegen Beschusses nicht abfahren können, sagte Generaloberst Michail Misinzew aus dem Verteidigungsministerium in Moskau der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Mehrere orthodoxe Geistliche hätten sich bereiterklärt, die Bewohner beim Verlassen der belagerten Stadt zu begleiten.
Satellitenbilder zeigen einem US-Anbieter zufolge gravierende Schäden an ziviler Infrastruktur und Wohngebäuden in der südukrainischen Stadt Mariupol. Dutzende Hochhäusern seien schwer beschädigt worden und es habe Brände gegeben, erklärt der Anbieter der Bilder, das US-Unternehmen Maxar Technologies. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hatte zuvor gesagt, Mariupol sei von russischen Streitkräften belagert worden, stehe aber noch unter ukrainischer Kontrolle.
Russland will nach ukrainischen Angaben in der eingenommenen Großstadt Cherson ein Referendum zur Gründung einer unabhängigen „Volksrepublik“ inszenieren. Dies erklärte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba am Samstag im Kurzbotschaftendienst Twitter. Da es dafür keinerlei Unterstützung in der Bevölkerung gebe, werde das Referendum komplett gefälscht werden, sagt Kuleba. Sollte Russland dies durchziehen, müssten scharfe Sanktionen folgen.
Die humanitäre Lage in der Ukraine verschlechtert sich einem ranghohen Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums zufolge weiter rapide. In einigen Städten habe dies katastrophale Ausmaße angenommen, zitiert die Agentur Ria Michail Misintsew, den Chef des Nationalen Verteidigungs-Kontrollzentrums. Die Agentur Interfax zitiert das Ministerium mit den Worten, die Ukraine habe sich erneut geweigert, humanitäre Korridore nach Russland zu öffnen.
Seit Ausbruch des Kriegs in der Ukraine vor mehr als zwei Wochen sind etwa 1300 ukrainische Soldaten getötet worden. Das sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Samstag vor internationalen Journalisten. Die ukrainische Armee hatte sich bislang bei Angaben zu Verlusten in den eigenen Reihen bedeckt gehalten und lediglich die Zahl angeblich getöteter russischer Soldaten genannt. „Bei uns sind etwa 1.300 Soldaten getötet worden und bei Russland mehr als 12.000“, sagte der Präsident. Die Zahlen lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
In Polen werden an diesem Wochenende Sonderzüge eingesetzt, um Flüchtlinge aus der Ukraine nach Deutschland zu bringen. Der stellvertretende polnische Innenminister Pawel Szefernaker sagte am Samstag, an den beiden Tagen des Wochenendes werde es jeweils neun Sonderzüge nach Deutschland geben, zusätzlich zu den acht regulären Zügen, die täglich zwischen Polen und Deutschland unterwegs ist.
Dies sei eine Art „Pilotversuch“, wie das Angebot von denjenigen Ukrainern genutzt werde, die nach Deutschland, Belgien, die Niederlande oder in andere westliche Länder weiterreisen wollten. „Derzeit ist ein Zug mit mehr als 600 Menschen unterwegs nach München“, sagte er. Auch auf der Strecke von Polen nach Tschechien gibt es an diesem Wochenende nach Angaben des Ministeriums neben den zehn regulären Zügen zwei Sonderzüge.
Russland hat mit Angriffen auf westliche Waffenlieferungen in der Ukraine gedroht. Moskau habe die USA gewarnt, dass das „orchestrierte Hereinpumpen von Waffen durch eine Reihe von Staaten nicht nur ein gefährlicher Schritt ist, sondern diese Konvois auch zu legitimen Zielen“ für Angriffe der Armee mache, sagte der stellvertretende Außenminister Sergej Rjabkow am Samstag im russischen Statsfernsehen.
Quelle: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ukraine-russland-konflikt-blog-100.html