A man looks at the smoke after explosions were heard as Russia’s attacks on Ukraine continues, in Kyiv, Ukraine June 5, 2022. REUTERS/Edgar Su

Das erste Mal seit Langem hat Russland wieder die ukrainische Hauptstadt Kiew mit Raketen angegriffen. Im Osten der Ukraine gehen die schweren Kämpfe weiter.
Das russische Militär hat in seinem Lagebericht zum Krieg gegen die Ukraine heute die Raketenangriffe auf die ukrainische Hauptstadt Kiew bestätigt. Zerstört worden seien am Rande Kiews von osteuropäischen Ländern gelieferte Panzer vom Typ T-72 und andere Militärtechnik. Sie waren in einem Werk für die Reparatur von Eisenbahnwaggons untergebracht, wie der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, sagte.
Zuvor hatten Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko und der ukrainische Generalstab von mehreren Raketenschlägen berichtet. Nach Angaben von Klitschko musste ein Verletzter im Krankenhaus behandelt werden. Nach Darstellung des ukrainischen Generalstabs wurden die Raketen von Bombern über dem Kaspischen Meer abgefeuert. Russland hat nach eigenen Angaben am Stadtrand von Kiew Panzer und andere gepanzerte Fahrzeuge zerstört. Diese seien von europäischen Ländern an die Ukraine geliefert worden, teilt das Verteidigungsministerium mit.

Ukrainischer Betreiber: Russische Rakete fliegt niedrig über AKW Süd-Ukraine
Nach Angaben des ukrainischen AKW-Betreibers Energoatom ist ein russischer Marschflugkörper am Sonntagmorgen in einer „kritisch niedrigen Höhe“ über das Atomkraftwerk Piwdennoukrainska (AKW Süd-Ukraine) geflogen. Vermutlich sei es die Rakete gewesen, die in Richtung Kiew abgefeuert wurde, teilt der staatliche Betreiber auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit. Das AKW Piwdennoukrainska ist das zweitgrößte Atomkraftwerk der Ukraine. Es befindet sich rund 350 Kilometer südlich von Kiew in der Nähe in der Region Mykolaiw.

Unterschiedliche Angaben zur Lage in Sjewjerodonezk
Die Ukraine erklärt, sie habe am Samstag in einer Gegenoffensive einen Teil der umkämpften Stadt Sjewjerodonezk zurückerobert. Moskau teilte dagegen mit, die russischen Truppen machten in der Stadt Fortschritte. Die Meldungen konnten nicht unabhängig überprüft werden.
Der Bürgermeister von Sjewjerodonezk, Olexandr Strijuk, sagte im staatlichen Fernsehen, die Straßenkämpfe seien am Samstag den ganzen Tag über fortgesetzt worden.“Die Situation ist angespannt und kompliziert. … Unser Militär tut alles, was es kann, um den Feind aus der Stadt zu vertreiben“, sagte er. Doch es gebe einen Mangel an Lebensmitteln, Treibstoff und Medikamenten.

Gouverneur von Donezk: Bewohner von Druschkiwka sollen flüchten
Der Gouverneur der ostukrainischen Region Donezk hat die Bewohner der Stadt Druschkiwka zur Flucht aufgerufen. Zerstörte Gebäude könne man wieder aufbauen, aber Menschenleben nicht ersetzen, schrieb Pawlo Kyrylenko auf Facebook. In der Nacht wurde seinen Angaben zufolge mindestens eine Person durch einen russischen Angriff getötet. Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, dass in Druschkiwka Werkstätten zerstört worden seien, in denen beschädigte ukrainische Militärausrüstung repariert worden sei. Bewohner berichteten, sie seien vom Lärm der Raketenangriffe aus dem Schlaf gerissen worden. Wände und Glas seien zerborsten. „Es war wie in einem Horrorfilm“, sagte Switlana Romaschkina der Nachrichtenagentur AP.

Putin warnt vor Lieferung von Raketen mit hoher Reichweite
Russlands Präsident Wladimir Putin hat für den Fall einer Lieferung westlicher Raketen mit hoher Reichweite an die Ukraine mit schweren Angriffen auf das Land gedroht. „Wenn sie liefern, dann werden wir daraus die entsprechenden Schlüsse ziehen und unsere Mittel der Vernichtung, von denen wir genug haben, einsetzen, um jenen Objekten Schläge zu versetzen, die wir bisher nicht angreifen“, sagte Putin in einem heute veröffentlichten Interview des Staatsfernsehsenders Rossija 1. Ziel der westlichen Waffenlieferungen sei es, den Konflikt in der Ukraine möglichst in die Länge zu ziehen, meinte er.
Gelassen zeigte sich der Kremlchef allerdings mit Blick auf die von den USA angekündigte Lieferung hochmoderner Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars. Für die Ukraine ändere sich damit nichts Grundsätzliches an der Verteilung der Kräfte. „Hier gibt es nichts Neues“, sagte Putin. Schon jetzt hätten die ukrainischen Streitkräfte solche Systeme russischer Produktion im Einsatz, die US-Lieferungen würden vielmehr zerstörte Waffen ersetzen. Gleichwohl sei hier entscheidend, welche Raketen eingesetzt würden. Nach allem, was zu hören sei, wollten die Amerikaner Raketen mit einer Reichweite zwischen 45 und 70 Kilometern liefern. Das sei in etwa das, was die bisherigen Raketen vom Typ „Uragan“, „Smertsch“ und „Grad“ leisteten, sagte Putin.

Papst ruft zu Friedensgesprächen auf
Papst Franziskus hat zum Pfingstfest ein Ende der Gewalt in der Ukraine gefordert. „Während die Wut der Zerstörung und des Sterbens grassiert und die Gegensätze aufflammen und eine immer gefährlichere Eskalation für alle nähren, erneuere ich meinen Appell an die Verantwortlichen der Nationen: Bitte, stürzt die Menschheit nicht ins Unglück“, sagte das 85 Jahre alte Oberhaupt der katholischen Kirche heute nach dem Mittagsgebet Regina Coeli vor zahlreichen Gläubigen in Rom. Der Papst forderte, konkrete Verhandlungen für einen Waffenstillstand und eine nachhaltige Lösung aufzunehmen. „Man erhöre den verzweifelten Schrei der Menschen, die leiden“, sagte der Argentinier und verlangte, die Zerstörung von Städten und Dörfern zu stoppen. Papst Franziskus ist zudem nach eigenen Worten bereit, in die Ukraine zu reisen – wenn dafür der richtige Moment da ist.

Quelle: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ukraine-russland-konflikt-blog-100.html