
Wenn ich ehrlich bin, trage ich mein Leben nicht nur in Erinnerungen, sondern auch in kleinen Dingen mit mir herum. In einer Kiste habe ich sie gesammelt – unscheinbar, für andere völlig wertlos. Briefe, die längst vergilbt sind. Fotos, deren Farben langsam verschwinden. Eine Kastanie aus einem Spaziergang im Herbst, Muscheln vom Meer, sogar ein einfaches Blatt, das mir in einem besonderen Moment schön erschien.
Manchmal vergesse ich, dass diese Kiste existiert. Aber wenn ich sie öffne, ist es, als ob die Zeit kurz stillsteht. Dann halte ich einen Gegenstand in der Hand, und auf einmal bin ich wieder dort: an einem Strand, wo das Lachen von Freunden das Rauschen der Wellen übertönte, oder in einem Herbsttag voller goldener Blätter, an dem ich mich leicht und frei gefühlt habe. Staub sammelt sich auf ihnen, die Farben verblassen, das Papier wird brüchig. Aber wenn wir sie eines Tages wieder in die Hand nehmen, öffnen sich Türen in die Vergangenheit. Plötzlich ist der Augenblick zurück: das Lächeln eines Menschen, den es vielleicht längst nicht mehr in unserem Leben gibt, das Geräusch der Wellen, die längst an einem fremden Ufer verhallen, oder das Rascheln der Blätter in einem Herbst, der nie wiederkehrt.
Es liegt eine Melancholie in dieser Sammlung. Sie zeigt mir, wie vergänglich alles ist: die Orte, die Momente, die Gefühle. Und doch sind es genau diese Dinge, die mir beweisen, dass ich gelebt habe. Dass es Zeiten gab, die so intensiv waren, dass ein winziger Gegenstand genügt, um sie wieder in mir wachzurufen.
Vielleicht brauche ich diese Kiste, weil sie ein Stück von mir selbst bewahrt. Vielleicht ist es genau das, was diese Sammlung so wertvoll macht: Sie gehört nur mir. Und sie erinnert mich daran, dass selbst die kleinsten Dinge eine große Bedeutung haben können, wenn wir sie mit unserem Herzen betrachten. Sie hält fest, was nicht festzuhalten ist. Und wenn ich sie wieder schließe, weiß ich, dass all diese kleinen Dinge mich begleiten – still, unscheinbar, aber voller Bedeutung.
thunor