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nach vielen langen Regentagen mit schweren, fallenden Himmeln hebt hier eine Art von Frühling an; Duft kommt aus den Büschen und die Lorbeerbäume, die der Mittag erwärmt, riechen nach ersten Sommertagen. Es gibt Sträucher, an denen die langen Kätzchen hängen, und andere Sträucher, die morgen blühen werden, wenn die Nacht so sanft ist wie diese letzten Nächte, die im wachsenden Monde langsam und milde vergangen sind. Und dabei ist Weihnacht nah; die Leute sagen es wenigstens und kommt man abends in die überhellen Straßen der Stadt, so ist das Gedränge groß und Schaufenster schimmern. Hier aber in dem großen Garten, in dem wir wohnen, wird nicht Weihnacht sein; ein Tag wird kommen, hell und strahlend, und wird vergehen und ein Frühlings-Abend wird sein, – ein Abend mit fern dämmernden Himmeln, aus denen plötzlich alle Sterne brechen, alle die vielen Sterne, die über südlichen Gärten leben.

Ich denke viel an Sie, meine Freundin, und komme bald mehr von mir erzählen. Dieses sollte nur ein Grüßen sein und ein Zeichen von Liebe und Nähe.
Ihr:
Rainer Maria Rilke