Ich habe meine drei letzten Studien mit Hülfe des Quadratnetzes gemalt, das ich, wie Du weisst, öfters verwende. Ich lege darauf Wert, da es mir nicht unwahrscheinlich dünkt, dass über kurz oder lang mehr Künstler sich dessen bedienen werden, ebenso wie die alten deutschen, italienischen und, wie ich glaube, auch die flämischen Maler. Die moderne Anwendung kann von der alten abweichen, aber ist es nicht ebenso mit dem Verfahren der Ölmalerei: man erzielt heutzutage ganz andere Effekte damit, als damals die Erfinder der Technik, J. und H. van Eyck. – Dies um Dir zu sagen, dass ich immer selbständig für mich allein arbeiten werde. Ich glaube an die absolute Notwendigkeit einer neuen Kunst der Farbe und der Zeichnung, sowie des ganzen künstlerischen Lebens. Und wenn wir in diesem festen Glauben arbeiten, können wir wohl darauf hoffen, dass er nicht getäuscht wird.

Ich habe ein paar Zeilen von G. erhalten, der sich über das schlechte Wetter beklagt, noch immer krank ist und sagt, dass unter allen Widerwärtigkeiten des Lebens nichts ihn so quält wie der Geldmangel: und doch sieht er sich zu einer ewigen Geldklemme verdammt.

All diese letzten Tage Regen und Wind. Ich habe zu Hause an der Studie gearbeitet, von der ich in dem Briefe an Bernard eine Skizze gemacht habe. Ich wollte es dahin bringen, Farben wie auf gemalten Fenstern und die Zeichnung in festen Strichen zu machen.

Bin dabei, »Pierre und Jean« von Guy de Maupassant zu lesen. Es ist sehr schön. Hast Du das Vorwort dazu gelesen, worin er die Freiheit des Künstlers erklärt zu übertreiben und eine schönere, einfachere, tröstlichere Natur im Roman zu erschaffen? Dann, was vielleicht Flaubert mit dem Wort sagen wollte: »das Talent ist eine lange Geduldprobe« und die Originalität ein Akt der Willenskraft und der intensivsten Beobachtung.

Hier ist ein Portal, das ich allmählich wunderschön finde, das Portal von Saint-Trophime; aber es ist so grausam, so ungeheuerlich, wie ein beängstigendes, fratzenhaftes Traumgesicht, sodass selbst dieses schöne Monument von so grossem Styl mir wie zu einer anderen Welt gehörig erscheint, und ich ebenso froh bin, nicht zu ihr zu gehören wie zur glorreichen Welt des Römers Nero.

Vincent van Gogh an seinen Bruder Theo